Bayerns Sieg über Barcelona: Ohne Schnick­schnack

Die Frauen des FC Bayern dürfen in der großen Arena zeigen, wie man Barcelona besiegt. Die Lust auf weitere Auftritte in diesem Rahmen ist geweckt.

FC Bayern Spielerin Schüller beim Kopfball

Maschine läuft: Lea Schüller bei ihrem Kopfballtor im Spiel gegen Barcelona Foto: Andreas Gebert/reuters

MÜNCHEN taz | Ja, es waren 24.000 Zuschauer da. Ja, so viele Menschen waren noch nie gekommen, wenn die Frauen des FC Bayern zu einem Heimspiel geladen hatten. Ja, die riesige Arena im Norden Münchens hat einen würdigen Rahmen für dieses Spiel abgegeben. Und doch war der neue Boom des Frauenfußballs kaum ein Thema nach dem 3:1 des FC Bayern im Gruppenspiel der Champions League gegen den FC Barcelona.

Zu beeindruckend war, was die Münchnerinnen da auf den Platz gebracht hatten. Zu überraschend ihr passsicheres Spiel in den ersten 20 Minuten. Und beinahe schon überwältigend die Intensität, mit der sie die immer wütender werdenden Angriffe der Gästinnen abgewehrt haben.

Richtig happy waren des Abends hernach die Protagonistinnen aus München. Lina Magull, die über die ganze Spielzeit das ganze Spielfeld beackert hat, um hinten in die Zweikämpfe zu kommen und vorne den Zweikämpfen aus dem Weg zu gehen, stand nach dem Spiel so abgekämpft wie glücklich in eine Decke gehüllt vor den Medienvertretern und war recht stolz, dass es gelungen war, „die beste Mannschaft der Welt“ besiegt zu haben.

Es war ihr anzusehen, wie viel Arbeit hinter ihr lang, auch Konzentrationsarbeit. So ein Spiel sei viel anstrengender als das, was die Bayerinnen normalerweise machen, erklärte die Kapitänin. Recht hat sie. Normalerweise rennen die Bayerinnen dem Ball nicht hinterher, so wie sie es am Mittwochabend meist tun mussten, normalerweise müssen sie nicht den richtigen Moment abpassen, um den Fuß mal an den Ball zu bekommen. Im Bundesligaalltag sind sie es, die Ball und Gegnerinnen laufen lassen.

Dass diese Umstellung gelungen ist, darüber hat sich dann auch Bayerinnentrainer Alexander Straus besonders gefreut. „Hätten wie so gespielt wie gegen Hoffenheim, dann hätten wir verloren.“ Für ihren Bundesligaauftritt beim 4:0 am vergangenen Freitag haben die Spielerinnen viel Lob bekommen, auch von ihrem Trainer. Doch diesmal ging es um etwas anders.

Begnadeter Analytiker

Straus zuzuhören, wie er das erklärt hat, machte nach dem Spiel beinahe ebenso viel Spaß wie die intensive Partie zuvor. Er erläuterte seinen Spielplan, nach dem es darum ging, nach Balleroberung, mit zwei drei präzisen Pässen nach vorne zu stoßen. „Wir wussten, dass sich dann viel Platz auftut“, erklärte er und schwärmte vom 2:0 der Bayerinnen durch Lina Magull, das so ausgesehen hat, wie er es mit den Spielerinnen eingeübt habe.

Vor zwei Wochen war Bayern mit dem selben Plan beim FC Barcelona, „der Benchmark im Vereinsfußball“ (Straus) angetreten. Da war der Plan nicht aufgegangen und man hatte den Eindruck die Münchnerinnen seien schier schwindlig gespielt worden. Umso erstaunlicher war es, dass das Team diesmal die Trainerpläne umsetzen konnte. Ob die Kulisse vielleicht dabei geholfen hat? Straus meint, dass das schon sein könnte. Und Magull schilderte ja wirklich, dass sie es durchaus wahrgenommen hat, wie die La Ola über die Ränge geschwappt ist.

Die Bayerinnen-Managerin, Bian­ca Rech, war sichtlich angetan vom ganzen Abend. „Das sind alles Leute, die irgendwann mal wieder zu den Frauen kommen“, war sie sich sicher. Allzu viele dürfen es allerdings nicht sein. Das Stadion am Bayern-Campus ist voll, wenn 2.500 Leute kommen. Wird ein mögliches Viertelfinale in der Champions League also wieder in der großen Arena stattfinden? Eine klare Antwort wollte Rech darauf nicht geben. Klar, es stehen ja auch noch zwei Gruppenspiele an – gegen Rosengard und Benfica Lissabon, aber nach den drei Punkten vom Mittwoch dürfen die Bayerinnen schon mit den Planungen für die K.o.-Runde gegen große Gegner beginnen.

Zu den ganz großen zählen die Bayerinnen ohnehin noch nicht. Was sie gegen Barcelona gezeigt haben, war in der gebotenen Intensität gewiss außergewöhnlich. Es war aber auch Underdogfußball. Es waren ein paar geniale Umschaltmomente, die Barcelona das Genick brachen, es war die fast schon unverschämte Effizienz bei der Chancenverwertung und ein paar unfassbare Einzelleistungen.

Spielende Maschine

Die Paraden von Torhüterin Maria Luisa Grohs haben ihren Fehler, der zum 1:3 führte, mehr als aufgewogen. Die Innenverteidigerinnen Tia­ga­na und Glódís Viggósdóttir haben keinen Ball von außen gefährlich werden lassen. Und dann war da noch Sidney Lohmann, die nimmermüde Ball­er­obererin und Passgeberin, an deren Spiel sich auch ihr Trainer schier nicht sattsehen konnte. „Maschine“ nannte er sie, erinnerte daran, wie jung sie noch ist (22), und glaubt, sie könne mal eine der Besten der Welt werden.

Als solche, möchte man meinen, hat sie vielleicht mehr als 24.000 Zuschauer verdient, die am Mittwoch gekommen sind. In die Arena passen schließlich dreimal so viele Menschen. Vielleicht kann man den FC Bayern dafür kritisieren, dass er nicht die ganz große Werbemaschinerie für das Spiel angeworfen hat. Wie es aussieht, wenn das der Fall ist, war vor ein paar Wochen zu besichtigen in der Stadt.

Die war vor dem Footballspiel der NFL zwischen den Tampa Bay Bucca­neers und den Seatt­le Seahawks mit Werbung so zugepflastert worden, wie es nicht einmal bei der Fußball-Weltmeisterschaft 2006 der Fall war. Die NFL ist Business-Partner des FC Bayern München. Da musste das wohl so sein, so schrecklich die Stadt da auch anzusehen war.

Die Fußballerinnen des Klubs sind im Gegensatz dazu eine Sportmannschaft, die durch ihre Leistungen auf sich aufmerksam machen muss. Das ist ihr am Mittwoch gelungen. Es war ein Fußballspiel, das da zu sehen war. Ohne jeden Event-Schnickschnack, ohne Ultra­selbst­beweih­räuche­rung, ohne das bei Männerheimspielen übliche Wetteinkaufen im Bayern-Fan-Shop. Gut so.

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