■ Bayerns Bioland-Chef Walter Heinzmann über erste Versuche einer naturverträglichen und ethischen Fischzucht: „Wir wollen die Forelle nicht zum Vegetarier machen“
taz: Sie wollen eine artgerechtere Fischhaltung durchsetzen. Wie weit sind Sie mit Ihrem Programm?
Walter Heinzmann: Wir versuchen seit einigen Jahren Richtlinien für eine vernünftige Teichwirtschaft aufzustellen. Für die Friedfische, das betrifft zum Beispiel den Karpfen, haben wir das abgeschlossen. Es geht vor allem darum, daß die Besatzdichte nicht zu groß sein darf, die Zufütterung muß geregelt werden. Im Teich selbst muß ein Teil der Nahrung auf natürliche Weise zur Verfügung stehen. Die ganze Teichanlage muß eine Schilfzone und einen gewissen Biotopcharakter haben. Bei den Raubfischen, dazu gehören etwa die Forellen, ist das alles sehr viel schwieriger.
Warum machen Forellen Probleme?
Wenn man sich die normale Forellenhaltung anschaut, dann sieht man eine Massenproduktion, wie wir sie von der Käfighaltung bei Legehennen kennen. Auf engstem Raum, ohne jede natürliche Umgebung. Die erste Herausforderung ist also die Definition einer Besatzdichte, die ein artgerechteres Fischleben erlaubt. Dann braucht man Futtermittel mit tierischem Eiweiß, denn die Forellen sind ja Raubfische.
Es kommen Fischmehle oder -öle in Frage oder tierische Abfälle aus der Schlachtung. Beides ist nicht unproblematisch. Wir wollen die Forelle ja nicht zum Vegetarier machen. Schlachtabfälle scheiden aus, das erscheint uns vollkommen unnatürlich. Bei Fischabfällen wollen wir nicht unbedingt den Entsorger spielen für diejenigen, die unsere Meere rücksichtslos leerfischen und dann an uns die Abfälle verkaufen.
Ist die normale Fischhaltung tatsächlich genauso verkorkst wie die übrige Nutztierhaltung bei Huhn und Schwein?
Das ist durchaus vergleichbar. Natürlich gibt es etwa im fränkischen Raum noch eine vertretbare Teichwirtschaft, vor allem in der Karpfenhaltung. Die ist einigermaßen artgerecht, auch wenn dort in hohem Maß Fertigfuttermittel eingesetzt werden. Die Auswüchse finden Sie eher bei der Forelle oder ganz extrem beim Aal. In Stahl- und Betontanks werden die Tiere mit ständiger Sauerstoffbelüftung auf engstem Raum gehalten. Das hat mit einem natürlichen Gewässer nicht das geringste zu tun. Da ist dann der Krankheitsdruck sehr hoch, also wird über die Fütterung ständig Krankheitsvorsorge betrieben.
Wann können wir die ersten Ökofische kaufen?
Den Karpfen und einige andere Friedfische können Sie bereits kaufen. In Franken und im Chiemgau gibt es solche Betriebe, die sich darauf spezialisiert haben. Wir müssen und wir werden den Auswüchsen in der Fischzucht einen ökologischen Weg dagegensetzen. Es gibt einerseits entsprechende Verbraucherwünsche, und zum zweiten geht es uns um die Ethik der Tierhaltung.
Auch über die Lachszucht hört man unappetitliche Dinge. Gibt es hier schon ökologische Ansätze?
Der Naturlandverband betreut ein ökologisches Lachsprojekt in Island. Das scheint ein interessanter Versuch zu sein. Das braucht aber ein paar Jahre, denn wir bewegen uns in neuen Bereichen und müssen erst unsere Erfahrungen sammeln. Interview: Manfred Kriener
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