Bayern verlangt Ausreise von Frau: Aus Kirchenasyl abgeschoben
Die Behörden sahen „keinen Ermessensspielraum“. Eine alleinerziehende Mutter mit vier Kindern wird aus dem Kirchenasyl nach Polen abgeschoben.
AUGSBURG epd | Flüchtlingsorganisationen sind erschüttert über die Räumung eines Kirchenasyls in Augsburg: Die Abschiebung einer alleinerziehenden Frau mit vier Kindern nach Polen sei ein „Skandal“, erklärten am Donnerstag der Bayerische Flüchtlingsrat, die ökumenische Bundesarbeitsgemeinschaft „Asyl in der Kirche“ und das bayerische ökumenische Kirchenasylnetz. Die Frau aus Tschetschenien war mit ihren Kindern am Dienstagmorgen von Augsburger Polizeibeamten aus einer katholischen Kirchengemeinde abgeholt worden.
Der Vorstand der Bundesarbeitsgemeinschaft Asyl in der Kirche, Marc Speer, nannte es einen „Dammbruch“, wenn das Selbstbestimmungsrecht der Kirchen in Bayern ignoriert werde und Kirchenasyle nicht mehr vor der Räumung sicher seien. Die Mutter war mit ihren Kindern ursprünglich über Polen nach Deutschland gekommen. Sie wollte in dem Kirchenasyl die Frist überbrücken, innerhalb der sie wieder nach Polen abgeschoben werden konnte.
Nach europäischem Recht müssen Flüchtlinge, die über ein sogenanntes sicheres Drittland in die EU einreisen, ihren Asylantrag auch in diesem Land stellen. Deswegen werden sie von den deutschen Behörden in der Regel innerhalb eines halben Jahres wieder dorthin abgeschoben. Diese Frist war bei der Familie fast abgelaufen. Danach hätte die Mutter in Deutschland einen Asylantrag stellen und vorerst hier bleiben können.
Die Stadt Augsburg hatte die von der Ausländerbehörde angeordnete Polizeiaktion mit dem Hinweis gerechtfertigt, man habe bei der Entscheidung „keinerlei Ermessensspielraum gehabt“. Die letzte Räumung eines Kirchenasyls in Bayern fand nach Angaben des Ökumenischen Kirchenasylnetzes im Jahr 1996 statt.
Leser*innenkommentare
Arne
Gast
@Demokrat:
Wenn ich etwas schon lange mal jemanden sagen wollte, dann das:
Dann geh' doch nach drübern! Nach Polen.
Und noch etwas, was man mal sagen muss, wenn man Ihre Argumentation über Polen und Deutsche zu Ende denkt:
Schließen Sie sich mit ihren antideutschen Vorurteilen, nachdem wir Deutsche alle Vorurteile gegen slawische und östliche Bevölkerungen haben doch den neuen Piraten-Femen an.
Ich gebe Ihnen zwar Recht, dass die Kirche kein rechtsfreier Raum sein darf, aber Ihre Unterstellungen gegenüber der Kirche, als sei sie bloß eine amoralische Sekte.
Das sind nämlich die Sachen, die Sie hier behaupten.
Und jetzt mal etwas ohne den von Ihnen begangenen Sarkasmus:
Wenn Sie ausmachen, es würde irgendjemand behaupten, der die Zustände bundesdeutscher Asylverfahren kritisiert, gleichzeitig behauptet, in Polen wären bessere Verhältnisse, dann belegen Sie dies.
Ebenso wäre ich erfreut, wenn Sie mir mal zeigen würden, welche Artikel in der BRD bei der Amtskirche von einer "missionarischen Sekte" schreiben.
Jetzt bin ich aber mal gespannt, welche Lektüre sie dauernd lesen.
Sascha
Gast
Es gibt kein "Kirchen-Asyl". Es handelt sich hierbei nur um eine Anmaßung der deutschen Amtskirchen. Und die halten es jetzt für einen "Dammbruch", dass der Staat als Inhaber des Rechtsmonopols es nicht dulden möchte, dass religiöse Vereinigungen sich ihr eigenes Recht stricken.
Demokrat
So ist es.
Es sollte aber nicht das Schicksal der Menschen vergessen werden. Dies scheint wirklich ein tragischer Fall zu sein.
Ich schlage der TAZ vor, an diesem Beispiel auch wirklich am Ball zu bleiben und auch in Polen die Familie zu besuchen.
Wie geht es denen wirklich? Wenn denen nicht geholfen wird, kann nur die Öffentlichkeit Druck machen.
Willhelm
Gast
@Demokrat Keine Sorge,ich kenne Polen aus eigener Anschauung,dort wird die Familie weder aus politischen,noch rassistischen Gründen verfolgt werden,das hängt auch mit der Polnischen Geschichte zusammen.
Demokrat
Liebe TAZ,
mit diesem Artikel zerstört Ihr das schwarz-weiß Weltbild eines unbedarften Lesers. Nach hunderten von Artikeln zum Thema Kirche, kam ich zu der Erkenntnis, dass es außer Merkel, Polizei etc. nichts schlimmeres als die Kirche gibt.
Es gibt doch genug Beispiele von unmenschlicher Behnandlung von Flüchtlingen. Warum gerade dieses Beispiel.
Normalerweise müsste doch die Überschrift lauten: "Die Behörden befreiten eine Familie aus den Fängen einer fundamental religiösen und missionarischen Sekte. Aufgrund der unsicheren Lage in Bayeren (Übergriffe auf Flüchtlinge) wurde der Familie sicheres Geleit nach polen gewährt.
MGast
Gast
@Demokrat Es geht hier nicht um die Kirche. In diesem Fall geht es in erster Linie um die Familie, der in Polen mit Sicherheit keine Aussichten auf ein Leben, geschweige denn gutes Leben, gewährt werden! Vor allem dein letzter Satz lassen einen traurig werden und machen leider auch bewusst, wie wenig das Essentielle und wirklich Nützliche aus solchen Nachrichten zu den Menschen vordringt...
Demokrat
Ich wäre froh, wenn mein letzter Satz nicht wahr wäre. Aber genau dies scheint ja der Fall zu sein. Beinahe jeden Tag lese ich in der Tag, dass es in Deutschland fremdenfeindliche Übergriffe gibt und die Flüchtlinge permanent von Behörden drangsaliert werden.
Ich gehe davon aus, dass hier die TAZ doch nicht falsch berichtet.
Sie stellen leider Polen als ein Land dar in dem es kein gutes Leben geben kann. Worauf beruht dieses Vorurteil?
Die Vorurteile der Minderwertigkeit gegenüber den östlichen (und slawischen) Ländern scheinen wirklich zum Teil tief in diesem Land eingebrannt zu sein.
Ich kenne Polen als ein modernes und fortschrittliches Land. Ich habe mich sogar gewundert wie freundlich die Menschen auch zu mir als (dem Pass nach) Deutschen sind, nach allem Leid was Deutschland dem Land und den Menschen angetan hat.
Schandmaul
Gast
Mit welcher Berechtigung gibt es überhaupt Kirchenasyl ?
Ist es in einem Rechtsstaat hinnehmbar, dass sich eine Glaubensgemeinschaft anmasst, sich über geltendes Recht zu erheben ?
Dürfen das andere Gruppen auch ?
Demokrat
Es ist halt etwas besonderes mit der Kirche (so wie auch mit den jahrelangen Verhindern von Aufklärung zum Missbrauch).
In diesem Beispiel ging es um den Schutz von Menschen. Dies haben auch mutige Priester (und ich meine ausdrücklich nicht die Amtskirche) im WK II getan.
Aber das haben auch andere (wenige) Bürger ohne religiösen Hintergrund getan.
tommy
"Der Vorstand der Bundesarbeitsgemeinschaft Asyl in der Kirche, Marc Speer, nannte es einen „Dammbruch“, wenn das Selbstbestimmungsrecht der Kirchen in Bayern ignoriert werde und Kirchenasyle nicht mehr vor der Räumung sicher seien."
Sowas Abstruses wie "Kirchenasyl" sollte es ohnehin nicht geben, das ist ein überholtes und ungerechtfertigtes Privileg. Aber bei der katholischen Kirche glaubt man ja ohnehin, staatliche Gesetze und Regeln nach Belieben brechen und unterlaufen zu können - beim Decken von kinderschändenden Priestern wie bei Asylfragen.
Don Juan
Gast
Was ist schlimm an der Abschiebung nach Polen? INFORMATION (die man auch selbstständig einholen kann): Polen setzt Flüchtlinge - mit Kindern - bereits an der Grenze fest und bringt sie in Sondertransporten in Auffanglager, mit großen, dicken Mauern umgeben, wo diese über Monate eingesperrt werden. Unter Ausschluss der Öffentlichkeit! Eine Tschetschenische Familie, die im "Grandhotel Cosmopolis Augsburg" unterkam, hat die "freiwillige" Rückreise nach Russland angetreten, erst vor wenigen Wochen, um die polnisch-rassistische Flüchtingspolitik zu umgehen !!
NO BORDERS - NO MAN IS ILLEGAL!
Tantris
Gast
@Don Juan Wie erging es diesen Leuten anschliessen in Ihrer Heimat?
Demokrat
Die Vorurteile gegenüber den östlichen (und slawischen) sind offenbar tief verwurzelt.
So war das auch vor 39
Klaus W. Knabenschuh
Leserin Ute
Gast
Wenn es EU-Recht ist, dann ist es rechtens. Und Polen ist nicht die Hölle, wie hier unterschwellig unterstellt wird.
Karla
Gast
Kirchenasyl bedeutet ein Zeichen setzen. Juristisch ist es völlig irrelevant.
Demokrat
Das stimmt.
Zeichen werden ja viele gesetzt.
Anton Gorodezky
Und was ist jetzt an Asyl in Polen auszusetzen?
Dubiosos
@Anton Gorodezky Dass das Asylsystem in Polen systematische Mängel hat. So hat beispielsweise das UNHCR in einer Studie rausgefunden, dass lediglich 20% der anerkannten Flüchtlingen (d.h. Asylverfahren positiv abgeschlossen) angebracht untergebracht sind. 30 - 40% landen in der Obdachlosigkeit. Hinzu kommt, dass Asylsuchende in Polen die Haft droht (dafür, dass sie lediglich das Menschenrecht auf Asyl wahrnehmen wollen) und es bspws. keine Therapiemöglichkeiten insbesondere für Traumata gibt, die Asylsuchende logischerweise recht häufig haben.
Martin De
Gast
@Dubiosos wenn dem so wäre, hätte dann polen vielleicht nicht in die EU aufgenommen werden dürfe? bzw. warum gibt es dann kein eu-strafverfahren gegen polen?
Demokrat
Nach all den Artikeln wie es hier in deutschland den Flüchtlingen geht, ist es wohl in DE nicht anders.
Ich verstehe nicht, warum gerade die östlichen Länder auch bei den Kommentatoren als minderwertig dargestellt werden. Das scheint bei den Deutschen historisch verwurzelt zu sein.
Hinnerk
Gast
@Demokrat erst kürzlich kam ein Bericht bei CosmoTV im WDR über Abschiebungen nach Polen... http://www1.wdr.de/mediathek/video/sendungen/cosmo_tv/videocosmotv208.html
Demokrat
@Hinnerk wie geschrieben, es schein historsich verwurzelt zu sein.
hans hansen
Man glaubt es ja fast nicht, es soll Länder geben, wo das Asylsystem noch schlechter ist als in Deutschland. Bisher habe ich den Artikeln und Kommentatoren entnommen, dass es in Deutschland kein menschwürdiges Asylgesetz gibt.
Was entspricht den nun den Tatsachen?
Arne
Gast
Ich habe immer nur gelesen, dass außer Kritik an den bayerischen Versorgungen vor allem die Durchführung des Asylgesetzes und die Gewährung von Asyl in der BRD ein Problem seien?
Haben Sie irgendwelche Beispiele, dass auch die gesundheitliche Versorgung oder die Unterbringung an sich kritisiert wurden?
hans hansen
@Arne Hi Arne, wo lebst du denn? In fast jedem Artikel in der TAZ zu deutschen Asylproblemen wird die lagerähnliche Unerbringung und die mangelnde ärztliche Versorgung kritisiert.
Harald B.
Gast
Also das frage ich mich auch!
Außerdem wir haben Gesetze, um sie durchzusetzen.