Bayerisches Erziehungsgeld für alle: Kindern ist der Pass auch egal

Das Bundesverfassungsgericht kippt ein diskriminierendes Gesetz aus Bayern: EU-Ausländer haben dort keinen Anspruch auf das Landeserziehungsgeld. Bayern begründet das mit Sparzwängen.

In Bayern lebende, einkommensschwache Eltern, ganz gleich aus welchem Teil der Erde sie gebürtig kommen, haben nun Anspruch auf Erziehungsgeld. Bild: dpa

BERLIN taz | Das bayerische Landeserziehungsgeld verstößt gegen das Grundgesetz. Dies entschied das Bundesverfassungsgericht in einem am Donnerstag bekanntgemachten Beschluss. Die Beschränkung der Sozialleistung auf deutsche und EU-Kinder sei verfassungswidrig.

Seit 1989 zahlt Bayern ein Landeserziehungsgeld. Es soll Eltern ermutigen, die Kinder länger zu Hause zu betreuen. Für das erste Kind werden derzeit zum Beispiel sechs Monate lang 150 Euro bezahlt. Die Zahlung beginnt, wenn das vom Bund finanzierte Elterngeld ausläuft, also in der Regel nach rund einem Jahr.

Das bayerische Landeserziehungsgeld ist auf einkommensschwache Eltern beschränkt und wird nur an Erziehungsberechtigte mit deutscher oder einer anderen EU-Staatsbürgerschaft ausbezahlt. Eltern aus Russland, Asien oder Afrika bekommen kein Erziehungsgeld, auch wenn sie schon lange in Bayern leben.

Bayern begründete die Beschränkung mit Sparzwängen. Die Zahlung eines Erziehungsgeldes sei freiwillig. Man könne sie deshalb auf Deutsche und EU-Bürger beschränken. Doch der Erste Senat des Bundesverfassungsgericht ließ das Argument nicht gelten.

Ungleichbehandlung muss abgestellt werden

Engpässe im Landeshaushalt rechtfertigten keine Ungleichbehandlung. Der Schutz der Familie sei nicht auf Deutsche und andere EU-Bürger beschränkt. Wenn das Geld nicht für alle reiche, dann müssten eben die Leistungen entsprechend gekürzt werden.

Geklagt hatte eine Polin, die seit 1984 in München lebt. Als sie für ihr im Jahr 2000 geborenes erstes Kind Landeserziehungsgeld beantragte, wurde dies verweigert, weil Polen damals noch nicht EU-Mitglied war. Karlsruhe ließ sich dann jedoch lange Zeit mit der Entscheidung. Der bayerische Gesetzgeber muss die Ungleichbehandlung nun bis zum 31. August 2012 abstellen.

Er kann dann das Erziehungsgeld allen Eltern bezahlen oder allen Eltern, die in Deutschland arbeitsberechtigt sind. Außerdem könnte Bayern sein Erziehungsgeld auch kürzen oder ganz abschaffen. Der Karlsruher Beschluss betrifft auch Thüringen. Die baden-württembergische Landesregierung beschloss im Januar, nicht mehr nach der Staatsangehörigkeit zu unterscheiden.

Az. 1 BvL 14/07

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