Bayer-Betriebsrätin über Gleichstellung: „Bessere Grundlage für Klagen“
Bayer-Betriebsrätin Roswitha Süßelbeck begrüßt den Gesetzesvorschlag, der Lohnungleichheit zwischen Frauen und Männer verringern will.
taz: Frau Süßelbeck, auf Sie kommt Arbeit zu: Künftig müssen große Firmen Berichte veröffentlichen. Wenn darin steht, dass Männer und Frauen unterschiedlich entlohnt werden, liegt es bei Ihnen als Betriebsrätin, das zu ändern. Freuen Sie sich auf die Zusatzaufgabe?
Roswitha Süßelbeck: Ja! Ich freue mich einfach darauf, dass wir das Thema weiterhin besetzen werden. Das Lohngleichheitsgesetz ist ja schon länger in der Diskussion, wir haben bereits mit dem Ministerium darüber gesprochen. Der Inhalt der Berichte gibt uns Argumente und einen Anlass, mit dem Arbeitgeber über dieses Thema ins Gespräch zu kommen. Mit einer guten Zusammenarbeit werden wir das auch hinkriegen.
Wird denn in den Berichten etwas stehen, was Sie als Betriebsrat nicht sowieso wissen?
Das werden wir dann sehen. Aber das Unternehmen muss sich auf jeden Fall mit dem Thema auseinandersetzen. Und das ist gut.
ist stellvertretende Betriebsratsvorsitzende der Bayer AG und Mitglied der Gewerkschaft IG BCE. Sie sitzt für die SPD im Leichlinger Stadtrat.
Sie sind sehr zuversichtlich.
Wir haben bislang gute Erfahrungen gemacht bei dem Thema. Lohnungleichheit ist nicht unbedingt in großen Unternehmen wie unserem das Problem. Die haben in der Regel einen Betriebsrat und Tarifbindung.
Die Berichtspflicht soll nur für Unternehmen gelten, die mehr als 500 Beschäftigte haben. Trifft das Gesetz also die Falschen?
Möglicherweise wäre es schon wichtig, dass es auch Regeln für die kleineren Unternehmen gibt. Die Transparenzregel in dem Gesetzesvorschlag gilt für Unternehmen ab 200 Beschäftigten. Leider ist es bei manchen Gesetzen so, dass innerhalb der Regierung Kompromisse eingegangen werden müssen.
Laut der Transparenzregel dürfen Angestellte fragen, wie viel ihre Kollegen verdienen. Geht diese Regel weit genug?
Zumindest können Angestellte jetzt Klarheit schaffen. Und sie haben möglicherweise bessere Chancen, vor Gericht zu ihrem Recht zu kommen.
Gegen ungleiche Entlohnung klagen konnten sie bisher auch schon.
Ja, aber jetzt haben sie eine viel bessere Grundlage. Es kam in der Vergangenheit nicht zu vielen Klagen. Wir müssen abwarten, ob mit dem Auskunftsrecht mehr Angestellte vor Gericht gehen.
Der Betriebsrat soll diese Auskunft bei den Vorgesetzten einfordern. Fürchten Sie, Unfrieden zu stiften?
Nein. Es geht ja nicht darum, was Einzelne verdienen. Gemessen wird ganz anonym das durchschnittliche Entgelt von Vergleichsgruppen. Deswegen glaube ich nicht, dass wir Unfrieden schaffen. Es kommt auch immer darauf an, wie wir das unseren Kolleginnen und Kollegen erklären. Wir haben in der Vergangenheit schon Entgeltanalysen in einigen unserer Tochtergesellschaften gemacht. Das ist gut gelaufen.
Und was kam raus?
Bereinigt um Teilzeitjobs und andere Unterschiede hatten unsere Tochtergesellschaften eine kleine Lohnlücke von 0,7 bis 1,8 Prozent.
Wie wurde mit den Fällen umgegangen, in denen Frauen weniger verdient haben?
Wir haben Gespräche geführt und darauf aufmerksam gemacht. Dank unserer Überzeugungsarbeit wurde das verbessert.
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