Bauern in Sorge: Milchpreis könnte wieder fallen
Das Dauertief beim Milchpreis wurde 2007 überwunden: Im Dezember gab es 40 Cent pro Liter. Doch das Ende der Milchquote könnte ihn wieder drücken.
BERLIN taz Gegen Ende des Jahres hat "Faironika" gesiegt: Mit der schwarz-rot-goldenen Plastikkuh hatten tausende deutsche Bauern im Sommer und Herbst dafür demonstriert, statt der jahrelang üblichen 25 bis 30 Cent pro Liter Milch mindestens 40 Cent zu bekommen. Im Dezember wurde dieser Preis erreicht.
Doch zufrieden sind die Milchviehhalter nicht: "Die Situation ist noch nicht entschärft", sagte Bernd Voß, stellvertretender Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL), am Montag - wenige Tage vor Beginn der "Grünen Woche", bei der die deutsche Landwirtschaft ihre Erfolge feiern will. Im Jahresschnitt hätten Milchbauern bloß 30 Cent erhalten - zu wenig, um kostendeckend wirtschaften zu können. Und die Aussicht, dass 2015 die Quotenregelung fallen wird, sieht er mit Sorge: "Die Freigabe der Menge wird den Preis wieder nach unten drücken." Die Regelung war 1984 EU-weit eingeführt worden, um "Butterberge" und "Milchseen" abzubauen. Wie viel Milch ein Betrieb herstellen darf, ist seither genau geregelt. Bauern, die mehr produzieren wollen, müssen Quoten von anderen zukaufen, die weniger benötigen oder den Betrieb aufgeben. EU-Kommissarin Mariann Fischer Boel will die Quoten allmählich erhöhen, um den Bauern eine "weiche Landung" zu ermöglichen.
Auch der Deutsche Bauernverband tritt dafür ein, die Regelung auslaufen zu lassen. Seine Mitglieder wünschen sich mehrheitlich einen Markt, in den sich die Politik weniger einmischt. Jetzt, da die Preise seit Jahren wieder zulegen, könnten vor allem große Betriebe verstärkt auf den Export setzen, lautet ihr Argument: Die Nachfrage steigt nicht nur in Europa, sondern auch in Asien.
Andere hingegen fürchten, nicht länger konkurrenzfähig zu sein, wenn die Quotenregelung tatsächlich fallen sollte: "Seit 1995 ging die Hälfte der Milchbetriebe verloren. Der Strukturwandel könnte zunehmen", befürchtet Voß. Derzeit gibt es deutschlandweit noch 90.000 Milchbetriebe.
Wenig hält die AbL von einem "Milchfonds", den der Bauernverband nach Wegfall der Milchquote als Ausgleich vor allem für jene Landwirte wünscht, die von einer Marktliberalisierung negativ betroffen wären. "Letztlich werden die Bauern auch künftig selbst für ihre Interessen aktiv werden müssen", meint Voß und spricht damit weitere Protestaktionen an. Ein Zurückgehen gebe es jedenfalls nicht: Weniger als 40 Cent würden nicht mehr akzeptiert.
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