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Bauchtanz in der Schule

■ Schulzentrum an der Kornstraße mausert sich zur Ganztagsschule

Mit „Hurra“-Geschrei stürzen die Kinder bei Schulschluß aus der Schule – so stellt man sich das jedenfalls vor. Doch den LehrerInnen im Schulzentrum Kornstraße bot sich nach Schulschluß jahrelang ein beunruhigend anderes Bild: Viele Kinder drückten sich noch eine Weile in der Schule herum, vor allem türkische Mädchen. Kein Wunder, merkten die LehrerInnen bald in Gesprächen: Die türkischen Mädchen erwartet zuhause viel Arbeit. Und die Kinder aus getrennten Familien erwartet eine leere Wohnung. Die Schule bot fortan Hausaufgabenbetreuung an. Ein erster Schritt in Richtung „Offene Ganztagsschule“. Doch die Kinder forderten mehr.

Solch Bedarf sprach sich allmählich bis in die Bürgerschaft herum. Die entschied 1990: Bremer Schulen sollen Nachmittagsbetreuung anbieten. Mittlerweile haben 7 von 75 Grundschulen nachmittags geöffnet, außerdem 4 Schulzentren von 35 SEK 1-Zentren. Gestern nachmittag feierte das Schulzentrum Kornstraße offiziell den Beginn seiner Nachmittagsbetreuung. Eigentlich hat die Schule schon seit September nachmittags geöffnet.

Nun können die Kinder auch in der Schule mittagessen: Die Fraueninitiative Quirl kocht, drei Mütter servieren. Danach kann, wer mag, international backen, bauchtanzen, Einrad fahren, Zirkus-Kunststücke lernen oder sogar in einer Tanzwerkstatt die „Rocky Horror Picture Show“ erarbeiten. Nur zum Beispiel. Manche Angebote sind offen, an anderen sollten die SchülerInnen möglichst regelmäßig teilnehmen.

Das kommt an: Von insgesamt 530 SchülerInnen finden sich Nachmittag für Nachmittag im Schnitt 100 Kinder in der Schule ein, besonders gern ausländische Kinder – 28 Prozent der SchülerInnen sind nicht-deutscher Herkunft. Die größte Gruppe, die türkischen Kinder, wohnt am Niedersachsendamm.

Obwohl die Eltern ordentlich mitgewirbelt haben, so ganz ehrenamtlich ist die „offene Ganztagschule“ natürlich nicht zu haben: Die Schulbehörde zahlt 150.000 Mark im Jahr, davon werden unter anderem zwei SozialpädagogInnen mit wöchentlich je 25 Stunden finanziert (Kooperationspartner ist das Berufs-Bildungs-Institut BBI). Die Schule selbst hat 60 Lehrerstunden auf den Nachmittag gelegt, was ungefähr 10 Prozent der gesamten Lehrerausstattung ausmacht.

cis

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