Bau der U5: Mini-Hauptbahnhof unter der Erde
Der U-Bahnhof Unter den Linden ist im Rohbau fertig. Das größte Problem steht dem Projekt Lückenschluss aber noch bevor.
Wie lange ist der „große Treck“ eigentlich her? Als die Fahrgäste der U6 zwischen Friedrich- und Französischer Straße den Schutz des Untergrunds verlassen und zu Fuß die Linden kreuzen mussten, wo die namensgebenden Bäume gefallen waren und sich allerlei Kräne und Bohrer unter großem Getöse zu schaffen machten? Kaum zu glauben: In Kürze werden es fünf Jahre sein.
Fast zwölf Monate dauerte das damals, seitdem rollt die U-Bahn wieder. Die Arbeiten am größten Verkehrsprojekt der Innenstadt, dem „Lückenschluss“ der U5 zwischen Alexanderplatz und dem Brandenburger Tor, sind seitdem weniger auffällig, dafür aber erstaunlich terminsicher weitergegangen. Am Mittwoch präsentierten eine überaus stolze BVG-Chefin und die LeiterInnen des Projekts der Presse den fertigen Rohbau des künftigen Bahnhofs Unter den Linden. Hier, wo sich U5 und U6 kreuzen, sollen einmal rund 50.000 Menschen täglich ein-, aus- und umsteigen.
„Ich schwöre Ihnen“, ruft Sigrid Nikutta begeistert ins Mikrofon, „wenn wir diesen Bahnhof in Betrieb genommen haben, werden Sie schreiben: ‚Wir können uns gar nicht mehr vorstellen, wie es vorher gewesen ist!‘“ Die Anwesenden wirken auch ohne diese PR-Leistung beeindruckt von dem unterirdischen Großbauwerk. In 14 Metern Tiefe stehen sie auf dem künftigen Bahnsteig der U5, während der Trog, in dem die U6 fährt, quasi unter der Decke des gewaltigen Hohlraums klebt.
Kirchheimer Muschelkalk
Der „Lückenschluss U5“ wurde 2010 begonnen, Ende 2020 sollen die Bahnen zwischen Hönow im Osten und dem Hauptbahnhof im Westen fahren.
Drei neue Bahnhöfe entstehen auf 2,2 Kilometern: Rotes Rathaus, Museumsinsel und Unter den Linden. Der Bahnhof Französische Straße wird aufgegeben. Die Gesamtstrecke ist 22 Kilometer lang.
Auf 433 Millionen Euro wurde das Projekt vor Baustart geschätzt. Bis heute hat sich der Kostenrahmen um rund 30 Millionen Euro ausgedehnt. Der Bund beteiligt sich mit 150 Millionen. (clp)
Später soll es hier ein bisschen sein wie im Berliner Hauptbahnhof, mit einer Sichtverbindung von ganz oben nach ganz unten. Die ArchitektInnen wollten ein Raumgefühl von Transparenz und Klarheit schaffen, erklärt Stephanie Niehoff, die Sprecherin der von der BVG eigens gegründeten Projektrealisierungs-GmbH U5. Unterstützt werde das auch durch die Wahl der Materialien für den Innenausbau: weißer Terrazzo für die Böden, schwarze Farbe für die tragenden Säulen und grauer Kirchheimer Muschelkalk an den Wänden. Läden wird es auf der Zwischenebene geben, aber nur ganz wenige und nur mit Non-Food-Angebot: Der Repräsentativität des Ortes soll kein Geruch nach altem Frittenfett anhaften.
Bislang geht es gut voran mit dem U-Bahn-Bau, der avisierte Termin für die Inbetriebnahme – Ende 2020 – steht weiterhin. Was in Berlin ja beileibe keine Selbstverständlichkeit ist: Auch bei den parallel stattfindenden Arbeiten für die S-Bahn-Linie 21 zwischen dem Hauptbahnhof und dem Nordring etwa hat sich die geplante Fertigstellung nach massiven Problemen mit dem Grundwasser zuletzt von 2017 auf 2020 verschoben. Aber die größte Herausforderung für den U5-Lückenschluss steht dem Tiefbauunternehmen Implenia auch noch bevor: die Errichtung des U-Bahnhofs Museumsinsel.
Während im Bahnhof Unter den Linden als Nächstes die Gleiskörper verlegt werden und sich die Station Rotes Rathaus schon voll im Ausbau befindet, gibt es an der vorgesehenen Stelle unter der Museumsinsel noch gar kein Bahnhofsgebäude, sondern lediglich die von der Schildvortriebsmaschine „Bärlinde“ gelegte Tunnelröhre. Das Problem ist das Erdreich: Unter dem Humboldt Forum, der Spree und dem Bertelsmann-Firmensitz ist er sumpfig und wenig stabil.
Ab jetzt wird vereist
Für den Bahnhofsbau wird deshalb ein riesiges Stück Untergrund aufwändig vereist. Erst in diesem künstlich gehärteten Boden kann dann sicher gearbeitet werden. Damit könne es bald losgehen, sagt Projekt-U5-Chef Jörg Seegers: „Anfang dieser Woche wurden alle dafür notwendigen Bohrungen abgeschlossen.“ Für lupenreinen Optimismus ist er allerdings zu erfahren: „Ich sage immer: Vor der Hacke ist es duster.“ Vom Baufortschritt an der Station Museumsinsel hänge aber auch die Fertigstellung des Gesamtprojekts ab.
Sollte aber am Ende alles gut gegangen sein, winkt den Passagieren ein optisches Schmankerl: Weil oben Schinkel steht (Altes Museum, Neue Wache), wird es auch unten schinkelig: Das Deckengewölbe des U-Bahnhofs wird dem klassischen Bühnenbild-Entwurf des preußischen Architekten für Mozarts „Zauberflöte“ nachempfunden. Tausende Lichtpunkte auf dunkelblauem Hintergrund – da würde glatt auch die Königin der Nacht in BVG-Chefin Nikuttas Jubelarien einstimmen.
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