Bau der Hamburger Philharmonie: Disharmonie an der Elbe

Verzögert, verspätet, verplant: Bis jetzt ist die unfertige Elbphilharmonie nicht mehr als ein Symbol für Missmanagement. Die Kosten haben sich vervierfacht.

Architekturikone im Bau: Hamburger Elbphilharmonie. Bild: dapd

HAMBURG taz | Sie soll das beste Konzerthaus der Welt werden und sich als Architekturikone mit der Oper von Sydney messen lassen: die Hamburger Elbphilharmonie. Doch in dem Projekt knirscht es gewaltig. Der Senat und der Baukonzern Hochtief zanken über explodierende Kosten und versäumte Fristen. Am Freitag erstritt sich der Senat das Recht, eine Vertragsstrafe für die Bauzeitverlängerung immerhin einklagen zu dürfen. Dass er Erfolg haben wird, ist damit allerdings noch nicht gesagt.

Vor einem Untersuchungsausschuss der Bürgerschaft hat der ehemalige Bürgermeister Ole von Beust (CDU) nun "selbstverständlich die politische Verantwortung" für das Desaster übernommen. Schuldig sehe er sich aber nicht, sagte der Jurist, dazu fehle der Vorsatz. Er habe sich auf Fachleute verlassen.

Die Elbphilharmonie darf als eklatanter Fall von Steuerungsversagen gelten, das verdeutlichen wenige Zahlen: Von einem privaten Projektentwickler 2004 für 100 Millionen Euro veranschlagt, liegen die Gesamtkosten heute bei 500 Millionen Euro. Der Anteil der Stadt hat sich auf mindestens 323 Millionen Euro vervierfacht. Von der Projektidee über eine Machbarkeitsstudie, einen angeblichen Festpreis bis zur letzten Senatsdrucksache erhöhten sich die Kosten scheibchenweise. Der Fertigstellungstermin verschob sich von 2008 auf 2012. Weil Hochtief jetzt mit 2014 rechnet, platzte den Verantwortlichen der Stadt der Kragen. Sie verlangen Schadenersatz.

Das Projekt selbst ist spektakulär: Auf einen markanten Backsteinspeicher im Hafen wird eine gläsern schillernde Philharmonie gesetzt. Zwischen Speicher und Philharmonie entsteht ein öffentlicher Platz mit Blick auf Stadt und Elbe.

Mangelhafte Ausschreibung

Doch schon die architektonische Grundidee hat sich nicht verwirklichen lassen: die Lasten aus dem Speicher - in Gestalt der vielen Tonnen Kaffee und Kakao, die hier lagerten - auf den Speicher zu verlegen in Gestalt des Konzerthauses. Stattdessen musste der Speicher entkernt und die Philharmonie ganz neu gebaut werden. Nur eine dünne Ziegelfassade blieb stehen.

Im Untersuchungsausschuss sind inzwischen haarsträubende Fahrlässigkeiten ans Licht gekommen. 2007 hat der damalige CDU-Senat das Projekt an Hochtief vergeben, obwohl es nicht durchgeplant war. Immer wieder kam es zu kostspieligen Nachbesserungen: von der Klimatisierung über die Infrastruktur für die Fassadenreinigung bis zur absehbaren Bauverzögerung. Aktueller Streitpunkt: die Statik des Dachs. Von Anfang an hätten die Zeitpläne der städtischen Realisierungsgesellschaft (Rege), der Architekten Herzog & de Meuron und von Hochtief nicht übereingestimmt, sagte ein Anwalt der Stadt vor dem Untersuchungsausschuss.

2006 hatten Herzog & de Meuron vor den Risiken einer Ausschreibung ohne fertige Pläne gewarnt. Der Baukonzern Strabag, der mitbieten wollte, sah sich außerstande, ein Angebot abzugeben, und beschwerte sich über die mangelhaften Ausschreibungsunterlagen. Der Senat bat darum, sich gütlich zu einigen, und soll als Kompensation Baugelegenheiten auf öffentlichem Grund angeboten haben. Von Beust sagte, er könne sich an Details dazu nicht erinnern.

Auf Gedächtnisverlust plädierte von Beust vor dem Ausschuss in vielerlei Formulierungen. Vielleicht hätte es geholfen, wenn er alle neun oder zehn Verhandlungsrunden, an denen er selbst teilnahm, hätte protokollieren lassen. Zu einigen fehlen die Aktenvermerke.

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