Basketball-Bundestrainer über EM-Quali: „Frisches Blut bringt Qualität“
Der deutschen Basketballmannschaft fehlt internationale Erfahrung, sagt Svetislav Pesic. Der Basketball-Bundestrainer über die EM-Qualifikation und sein junges Team.
taz: Herr Pesic, Sie starten mit einem sehr jungen Team in die EM-Qualifikation. Kann das überhaupt gut gehen?
Svetislav Pesic: Die Frage ist berechtigt. Natürlich fehlt der Mannschaft internationale Erfahrung und auch die Spielpraxis. Plötzlich sind sie Leistungsträger und müssen in den Situationen Entscheidungen treffen, in denen es eng wird. Aber irgendwann musste der Deutsche Basketball-Bund reagieren und ein neues Team aufbauen. Frisches Blut bringt neue Qualität und neuen Enthusiasmus.
Was bringt der Nachwuchs mit, was dem Team zuletzt gefehlt hat?
Die Jungs wollen sich weiterentwickeln. Talent in Qualität umzuwandeln ist eine Frage von kontinuierlicher Arbeit, Geduld und Zeit. Wir versuchen, unsere Schwächen mit dem guten Teamspirit zu kompensieren.
Verraten Sie uns doch, wer in der Starting Five steht, also zuerst auflaufen darf.
Es gibt keine Starting Five, wir sind ein Team. Nicht Leistungsträger bringen das Team nach vorne, das Team bringt vielmehr Leistungsträger hervor. Nach der Qualifikation werden wir wissen, wer die Qualität hat, um voranzugehen.
In der Bundesliga müssen künftig sechs deutsche Spieler pro Spiel und Team im Kader stehen. Das kommt Ihnen sehr entgegen, oder?
Diese Regel ist der Situation angemessen. Aber man kann so viele Regeln aufstellen, wie man will, wichtiger ist, dass die Vereinstrainer den deutschen Spielern Vertrauen schenken. Und wenn ein deutscher Spieler nicht die Chance bekommt, muss er den Trainer eben davon überzeugen, dass auch er ein Spitzenspieler sein kann.
Gibt es denn – abgesehen von der Arbeit mit jungen Spielern – eine Philosophie Pesic?
Ich persönlich habe immer versucht, aggressive Defense mit schneller Offense zu verbinden, in der jeder Spieler seine individuellen Qualitäten einbringen kann. Diese Philosophie habe ich nicht verändert. Durch einige Regelungen – etwa die 24-Sekunden-Angriffszeit – hat sich der Basketball zusätzlich in diese Richtung entwickelt.
Taktisch nicht ungefährlich.
Sie bringt natürlich auch unerwartete Ballverluste, die dich ein Spiel kosten können. Aber trotzdem glaube ich, dass unsere Mannschaft sich in diese Richtung entwickeln muss.
Dirk Nowitzki setzt auf unbestimmte Zeit im Nationalteam aus. Planen Sie für die EM-Endrunde 2013 mit ihm?
Ich plane nur das Spiel heute gegen Luxemburg, dann das gegen Bulgarien am Dienstag. Wenn das alles vorbei ist, werde ich mit Dirk sprechen, aber auch mit anderen Spielern, die in Frage kommen. Heißt: Ich weiß es noch nicht.
Wie ist die Zielsetzung für die Europameisterschaft?
Erst einmal müssen wir uns qualifizieren. Langfristig wollen wir uns dann auch für die WM 2014 qualifizieren. Es muss immer unser Ziel sein, bei den großen Turnieren dabei zu sein.
25 Jahre nach Ihrer ersten Amtszeit im Nationalteam sind Sie nun zurück. Wieso?
Ich freue mich immer, wenn ich länger in Deutschland bin. Obwohl ich seit 12 Jahren nicht mehr hier tätig war, habe ich meine Kontakte nie unterbrochen. Ich hatte immer das Gefühl, ein Teil der Entwicklung des deutschen Basketballs zu sein.
Wie schätzen Sie den denn ein?
Insgesamt sehr positiv. Alles ist professioneller geworden. Viele Deutsche haben auch im Ausland eine wichtige Rolle gespielt. Nowitzki ist groß geworden, dazu eine Menge junger Spieler. Auch die Bundesliga hat sich von der Organisation sehr gut entwickelt. Die Vereine sind viel professioneller geworden, alle haben einen Sportdirektor, einen professionellen Trainer, mindestens 5.000 Zuschauer.
Diese Professionalisierung sieht man auch im Nationalteam. Der Trainer- und Betreuerstab ist groß.
Im Basketball gewinnt heute das Team – nicht nur das auf dem Feld, sondern auch das daneben. Wir haben die beste medizinische Abteilung im europäischen Basketball. Das hilft natürlich sehr.
Ihr Konzept ist langfristig angelegt. Einen längeren Vertrag des Verbands sollen Sie aber abgelehnt haben.
Mein Ziel ist es, dem DBB zu helfen, sich zu qualifizieren. Ich bin sehr daran interessiert, länger dabei zu sein, aber um langfristig Erfolg zu haben, müssen wir noch einige Dinge diskutieren. Vieles hängt davon ab, ob ich mein langfristiges Konzept durchsetzen kann. Denn ich will natürlich nicht immer nur teilnehmen, sondern gewinnen.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!