Barilla wirbt mit LGBTQ-Design: Endlich queere Nudeln
Der Pastahersteller präsentiert eine Verpackung, die ein lesbisches Paar zeigt. Vorher fiel der Chef der Marke noch mit homophoben Kommentaren auf.
Die Begründung: „Das Konzept der ehrwürdigen Familie bleibt einer der fundamentalsten Werte der Firma.“ Zudem sprach sich der 60-jährige Barilla-Chef dagegen aus, dass gleichgeschlechtliche Paare Kinder adoptieren dürfen. Das war im Jahr 2013.
Seitdem scheint sich bei dem italienischen Pastahersteller einiges getan zu haben: Anfang November hat Barilla wieder die „World Pasta Championsships“ ausgerufen. Die Gewinner*innen des diesjährigen Wettbewerbs haben eine besonders bunte Packung Spaghetti überreicht bekommen – in doppeltem Sinne.
Denn die farbenfrohe Illustration auf der Verpackung zeigt zwei Frauen, die sich einen Spaghetto teilen – ganz wie im romantischen Disneyklassiker Susi und Strolch.
Künstlerin boykottierte die Marke
Die LGBTQ-freundliche Verpackung wurde von der Künstlerin Olimpia Zagnoli vor einem Jahr für die „Pasta World Championship“ in Mailand designt. Wie die italienische Tageszeitung La Verità berichtet, handelt es sich bei der Künstlerin um eine Federführerin in der Boykott-Kampagne vor fünf Jahren, die gegen den Pasta-Hersteller geführt wurde. Denn nach dem Radiointerview hatten viele verärgerte Menschen in den Sozialen Medien unter dem Hashtag #boicottabarilla dazu aufgerufen, keine Produkte des Herstellers mehr zu kaufen.
„Trotz seiner Entschuldigung am Tag danach hat die Nachricht die Runde gemacht und viele Leute haben aufgehört, die Produkte zu kaufen. Ich war lange Zeit eine davon“, sagte Zagnoli dem Magazin It’s Nice That. Vier Jahre nach der Boykott-Kampagne, im Jahr 2017, wurde die Künstlerin von dem Unternehmen für eine Zusammenarbeit kontaktiert. „Natürlich war meine erste Reaktion, ‚Nein‘ zu sagen.“ Aber dann hätte die Künstlerin über das Angebot nachgedacht und schließlich eingewilligt.
Empfohlener externer Inhalt
Mit dem Entwurf wollte sie eigentlich nur ein kleines Zeichen setzen. Sie hat nicht damit gerechnet, dass Barilla mit der Idee eines lesbischen Pärchens auf der Verpackung einverstanden wäre. Zagnoli hatte sich geirrt: Ihr Entwurf wurde genommen.
Alles nur PR?
Ob auch Guido Barilla seine Einstellung zu homosexuellen Paaren geändert hat, ist fraglich. Das Pasta-Unternehmen selbst, zeigt sich heute aber durchaus bunter. Das verdankt Barilla auch Kristen Anderson. Als „Chief Diversity Officer“ des Unternehmens überwacht sie, dass die Rechte homosexueller Personen im Unternehmen respektiert werden. Zu Andersons Aufgabenbereich gehört es auch, „gay-friendly“-Initiativen zu fördern und zu bewerben. Wie auch die Kampagne rund um das lesbische Design auf der Nudelverpackung. Die Bemühungen machten sich bereits bezahlt: Barilla erzielte eine perfekte Punktzahl beim Human Rights Campaign’s Corporate Equality Index. Eine Initiative, die Unter-nehmen auf die Arbeitsbedingungen für LGBTQ-Mitarbeiter*Innen prüft.
Trotzdem ist Zagnoli nicht naiv und weiß, dass hinter all dem natürlich auch geschickte PR-Arbeit steckt: „Glaube ich, dass große Firmen auf den Gleichberechtigungs-Zug aufspringen, um Profit zu machen? Ja, natürlich.“ Ob das auch im Fall von Barilla zutrifft, will die Künstlerin nicht beurteilen.
Für die Künstlerin sei es in erster Linie wichtig, dass in der Werbebranche überhaupt etwas passiert: „Ich glaube Werbung und Kommunikation kann verändern, wie wir von uns selbst und von anderen denken. Und wenn wir es richtig machen, ist Werbung dazu in der Lage, die visuelle Sprache einer Generation umzuschreiben.“ Das sei auch der Grund, warum es die Stimme von Künstler und Aktivisten braucht, argumentiert Zagnoli. „Sie helfen Unternehmen und Menschen von ihren Fehlern zu lernen und sich weiterzubilden. Nur so kann diese Welt ein besserer Ort werden.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Bis 1,30 Euro pro Kilowattstunde
Dunkelflaute lässt Strompreis explodieren
Studie Paritätischer Wohlfahrtsverband
Wohnst du noch oder verarmst du schon?
Ex-Wirtschaftsweiser Peter Bofinger
„Das deutsche Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr“
Wissenschaftlerin über Ossis und Wessis
„Im Osten gibt es falsche Erwartungen an die Demokratie“
Armut in Deutschland
Wohnen wird zum Luxus
Ansage der Außenministerin an Verbündete
Bravo, Baerbock!