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Barcelona demütigt MünchenBayern verliert nur 4:0

Die Katalanen nehmen den FC Bayern im Championsleague-Viertelfinale derart auseinander, dass Klinsmann nun wohl um seinen Job bangen muss.

Klassenunterschiede: Eto'o und Messi bejubeln ihren Treffer. Bild: ap

BARCELONA dpa/taz Demontiert, vorgeführt, gedemütigt: Ein chancenloser FC Bayern München erlebt die höchste Pleite seiner Europapokal-Geschichte. Trotz des Rückspiels in München kann der FC Bayern das Champions-League-Halbfinale nun abhaken.

Schon nach einer Viertelstunde führte der FC Barcelona mit 2:0, hatte DeMichelis schon einmal den Ball für den geschlagenen Keeper von der Linie kratzen müssen. Und dann verweigerte der Schiedsrichter Lionel Messi einen klaren Elfmeter. Da hätte das Spiel schon entschieden sein können.

Als es dann zur Halbzeit bereits 4:0 stand, schraubten die Katalanen ihr Spiel zurück. Andernfalls hätte die Niederlage auch zweistellig ausfallen können, wie der überraschend anstatt Jörg Butt auf der Bank sitzende Keeper Michael Rensing hinterher deprimiert anmerkte.

Auf Trainer Jürgen Klinsmann dürften nun schwere Zeiten zukommen. Die Münchener hatten dem schnellen und sicheren Kurzpass-Spiel der Barceloner nichts entgegenzusetzen. Fast mühelos fielen die Tore durch Lionel Messi (9. Minute und 38.), Samuel Eto'o (13.) und Thierry Henry (43.) - und die 96.000 Barca-Fans konnten sich am Untergang der Bayern so richtig berauschen.

Viertelfinale, Hinspiele:

Dienstag, 07.04.2009:

FC Villarreal - FC Arsenal 1:1 (1:0)

Manchester United - FC Porto 2:2 (1:1)

Mittwoch, 08.04.2009:

FC Liverpool - FC Chelsea 1:3 (1:1)

FC Barcelona - Bayern München 4:0 (4:0)

Allerdings musste Trainer Klinsmann mit einer völlig neuen Abwehrreihe antreten: Es fehlten Daniel van Buyten (familiäre Gründe), Lucio (verletzt) und auch Philipp Lahm (Wadenprobleme). Für Lahm rückte Christian Lell auf die linke Abwehrseite, der Messi immer wieder aus den Augen verlor. Klinsmann hatte extra Ersatzkeeper Jörg Butt aufgestellt, der die Abwehr beruhigen und dirigieren sollte. Vergeblich.

"Die erste Halbzeit war eine Demontage", räumte Klinsmann ein. "Es wurden uns die Grenzen aufgezeigt." Er sei aber "natürlich" der Aufgabe gewachsen. "Ich bin überzeugt von der Arbeit, die wir leisten, ich weiß, es ist ein Prozess, der mit vielen Problemen verbunden ist." Daher heiße es nun: "Helm auf und durch."

"Was wir hier erlebt haben, hat reichlich Leute schockiert", meinte Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge. " Die Frage ist, ist man mehr wütend oder traurig."

"Was ich in der ersten Halbzeit gesehen habe, war das Fürchterlichste, was ich von dem FC Bayern je gesehen habe", meinte Bayern-Präsident Franz Beckenbauer. Vom Halbfinale gegen Chelsea oder Liverpool (Hinspiel 3:1) können die Münchner nur träumen. Rummenigge: "Mit dem 0:4 sind wir ausgeschieden."

Auch vor der Abwehr brachten die Bayern wenig zustande. Weder von Franck Ribéry noch Luca Toni oder Marc van Bommel - abgesehen von einem rotwürdigen Ellbogencheck gegen Messi - war viel zu sehen. Klinsmann hatte auf eine defensive Aufstellung mit einem Fünfer-Mittelfeld gesetzt.

Doch die Bayern kam nicht richtig in die Zweikämpfe. Mühelos spielten sich die Barceloner regelmäßig bis an die Strafraumgrenze, wo sie dann mit präzisen Steilpässen vors Tor die Viererkette aushebelten.

Kurios war eine Fehlentscheidung vom englischen Schiedsrichter Howard Webb. In der 17. Minute übersah er ein klares Foul von Lell an Messi. Und so sah der Argentinier wegen einer angeblichen Schwalbe Gelb. Barcelonas Trainer Josep Guardiola regte sich derart an der Außenlinie auf, dass er nach rund fünf Minuten auf die Tribüne geschickt werden musste.

Derlei Sorgen hätte Klinsmann gern gehabt. Wehrlos ergaben sich seine Spieler weiter ihrem Schicksal. Dabei traf Butt die geringste Schuld. An den Gegentoren war er machtlos, bei einer Abwehraktion gegen den hereinrutschenden Henry bekam er dessen Stollen ins Gesicht.

Noch auf dem Rasen musste der stark blutende Butt geklammert und verklebt werden - spielte aber weiter. Chancenlos war Butt auch bei Messis zweitem Treffer sowie dem 50. Champions-League-Tor von Henry.

In der zweiten Halbzeit verlor das Spiel dann jeglichen Reiz: Die Armada in Rot-Blau drosselte das Tempo, gegen die eher im Leerlauf agierenden Gäste reichte es gleichwohl noch zu Torchancen. Und wieder war es Messi, Butt konnte aber glänzend parieren (59.). In der 71. Minute dann die erste Bayern-Chance: Carlos Puyol klärte aber gegen Ze Roberto. Das war's dann auch schon.

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10 Kommentare

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  • J
    julian

    Erinnert sich noch jemand an letztes Jahr? Da hatte Bayern erst Riesendusel beim FC Getafe und ging dann gegen St.Petersburg genauso peinlich unter. Der deutsche Fussball ist nun mal bestenfalls zweitklassig und Barcelona mit ManU zur Zeit die weltbeste Mannschaft. Der FC Bayern verschenkt sein Potential, da dem Trainer aufgrund des Erfolgsdrucks keine Gelegenheit gegeben wird hat, eine Mannschaft nach seinen Vorstellungen zu formen. In der aktuellen Mannschaft gibt es zwar vereinzelte Könner, aber zuviele Schwachstellen (einer von drei Stürmern ist Podolski) und vor allem keine Hierarchie (van Bommel ist kein Anführer).

  • M
    Macman

    Ich könnte mir vorstellen, dass so mancher gegen den Trainer gespielt hat. Oddo allen voran. Gleichwohl möchte ich Klinsmann nicht unbedingt als Nachwuchsförderer bezeichnen: 1. Wenn man schon defensiv agieren möchte, dann wäre ein Konterspieler wie Podolski genau der richtige gewesen-den hat Klinsmann aber bereits demontiert. Sorry, aber Toni hat halt nen Antritt wie ein Klavier, da geht gar nichts. 2. Butt für Rensing?! Es ist ja nicht so, dass Rensing Top-Leistungen gezeigt hätte, aber auch Adler und Neuer überragen eben nicht in dieser Saison. Also Demontage die zweite. Klinsmann demotiviert diese Mannschaft, für Frankfurt reichts noch, aber dann?

  • B
    bolivarista

    Dass in der TAZ-Redaktion per definitionem keine Bayern-Fans sitzen, hat sich auch an diesem Artikel mal wieder gezeigt. Den Elfmeter kann man geben oder nicht. Rotwürdig ist vielleicht der Bodycheck van Bommels, aber Messi schaut dabei auch beim Dribbeln nur auf den Ball und läuft konsequenterweise mit voller Wucht auch ohne dessen zusätzliche Bewegung auf. Außerdem lässt sich der Zusammenstoß Butts mit Henry genauso als Tätlichkeit des Letzteren werten; die Zeitlupe zeigt eindeutig eine Streckbewegung der Beine im Moment des Zusammenpralls - das Knie anzuziehen wäre sicherlich eine Möglichkeit gewesen, das Verletzungsrisiko Butts zu verringern. Man stelle sich vor, was für einen Aufschrei es gegeben hätte, wenn van Bommel so in den Mann gegangen wäre... Ansonsten selbstverständlich unsägliche Leistung, die leider am nächsten Wochenende bei Punktgleichheit mit Wolfsburg zu den Akten gelegt werden wird, weil dann ja alles wieder gut ist. Bei einem knappen Rückspielsieg gegen Barcas C-Elf wird man darüber hinaus auch sagen, man habe nun gezeigt, dass man außer der ersten Halbzeit in Barcelona sehr wohl mit den Großen Europas mithalten könne. Trainer, Manager und Präsident raus!

  • VV
    von Viereck

    Der FC Bayern ist weder "vorgeführt, gedemütigt noch demontiert worden. Er spielte wie immer...nur diesmal sind die Fussballer des FCBayern auf Fussballer getroffen, die Fussball spielen können und denen das auch Spaß macht, die nicht nur eine große Fresse und Starallüren haben oder sich mit Maulschellen, Party und Schlägereien bekannt machen.

     

    Und...wenn man sich die Spielerbank angeschaut hat,wer da alles gesessen hat...viele Köche haben bestimmt den Brei verdorben, weil jeder mit geredet hat, bei der Aufstellung, im Training usw. Wie in einem Unternehmen, wer zahlt, schafft an...weil in Deutschland ja jeder ein Fussballexperte ist, so hat es ein Trainer super schwer...

  • L
    Lazertis

    Eigentlich verstehe ich nichts davon. Aber gerade deshalb muss ich mitquatschen.

    Ich glaube Klinsmann war ein guter Stürmer. Kann sein, dass es als Trainer nicht ganz reicht. Möglicher war es Löw, der den größeren Anteil am Erfolg von 1996 hatte.

    Wie auch immer, vor ein paar Dekaden war auch der Fußball noch eine viele schönere Sache. Tages-, Jahreform, Glück und viel Glauben und Daumendrücken gaben noch mehr den Ausschlag, nicht so sehr das große Geld. Schade dass es vorbei ist. Und schade, dass man es der Jugend nicht vermitteln kann.

  • D
    Donnermeyer

    Nachdem ich im Fernsehen einen Bericht über die rotgesichtigen, in Krachleder und Tracht gekleideten, wilden Bayernfans und deren Auftreten als lautes, ungezügeltes und unsensibles, gröhlendes Bergvolk sah, habe ich mich (als Angehöriger derselben Nationalität; zum Glück aber aus dem nördlichen Teil der Republik) viel mehr geschämt, als für das misslungene Spiel.

  • T
    thewho

    ein strammes festgeldkonto pflegen oder international niveauvollen fußball spielen;

    beides sind legitime ziele, die aber einander ausschließen.

  • P
    paulito

    Schon möglich, dass Klinsmann fliegt. Und? Hitzfeld reloaded? Lieber nicht. Sicher, unter Hitzfeld wurde erfolgreicher gespielt aber nicht wirklich attraktiv. Barça aber hat gestern eindrucksvoll gezeigt, dass beides möglich ist. Vorallem mit den besseren Spielern, die die pure Spielfreude ausstrahlen. Solche Spielertypen darf man in der Bundesliga mit der Lupe suchen.

  • L
    Laura

    Seit dem gestrigen Abend wissen die Bayern- Fans, dass man auch einen Fußball als Folterinstrument missbrauchen kann :-).

  • N
    nurso

    Dass der FC Bayern da steht, wo er jetzt steht, war doch schon seit Beginn der Saison zu erwarten. Allein schon, dass auf Klinsmanns Drängen der Trainerstab anstelle des Kaders erweitert wurde. Als Spieler wurde Klinsmann in München nicht glücklich, als Trainer wird es wohl ebenso laufen. Was Klinsmann fehlt, ist neben vielen Eigenschaften besonders ein (analytisches)taktisches Verständnis wie es z. B. ein Ottmar Hitzfeld hat.