Barbara Dribbusch über das neue Teilzeitgesetz: Überfälliger Schritt
Beschäftigte, die in Teilzeit wechseln wollen, können künftig mit dem Arbeitgeber vereinbaren, nach einer bestimmten Zeit wieder auf eine Vollzeitstelle aufzustocken. Wer dieses Recht wahrnehmen will, muss nicht unbedingt Mutter oder Vater sein – in der Praxis wird es aber wohl vor allem Eltern betreffen. Der Anspruch auf „lebensphasenabhängige Arbeitszeiten“ ergänzt die Regelungen zu Elterngeld und Erziehungsurlaub, die in den vergangenen Jahren zunehmend flexibilisiert wurden.
Das Recht auf Rückkehr in Vollzeit politisch festzuzurren ist allerdings keine emanzipatorische Großtat. Es passt gut in eine Arbeitswelt, in der viele Betriebe über den Mangel an Fachkräften klagen. Das Potenzial der teilzeitarbeitenden Mütter, die wieder auf Vollzeit aufstocken, wird von Sozialforschern gerne als Potenzial der Zukunft gesehen, das Lücken in der Erwerbsbevölkerung ausgleichen und damit auch zur Stabilität des Rentensystems beitragen soll.
Die spannende Frage ist, inwieweit die neue Rückkehroption auch die Rollenverteilungen bei Elternpaaren verändert. Die oft von Männern benutzte Ausrede, eine Arbeitszeitreduzierung nach dem Erziehungsurlaub ginge leider gar nicht, denn dann ende die Karriere unweigerlich in der Sackgasse, wirkt bald ein bisschen weniger glaubwürdig. Sie könnten ja beim Chef um eine befristete Reduzierung bitten.
Aber auch die Lebensentwürfe mancher Frauen geraten auf den Prüfstand, denn sich einzurichten mit Kinderbetreuung und Teilzeit kann komfortabel sein, wenn man einen Gutverdiener an der Seite hat. Viele Teilzeiterinnen wollen gar nicht aufstocken und finden es durchaus o. k., wenn der Mann voll verdient. Die Frage, warum eine Mutter, deren Kinder größer sind, nicht wieder Vollzeit arbeitet, dürfte sich aber künftig häufiger stellen. Abzuwarten bleibt, wie die Flexibilität zwischen Teil- und Vollzeitjob die Arbeitsteilung zwischen den Geschlechtern verbessert.
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