Banksy-Bilder aufgetaucht: Heulende Wölfe
Fünf neue Werke des Street-Art-Künstlers Banksy sind in und um London aufgetaucht. Zu sehen sind Tiere in unverfänglichen Posen. Unpolitische Kunst?
Wir dürfen uns Banksy als einen glücklichen Menschen vorstellen. Der Street-Art-Künstler hinterlässt leicht lesbare politische Botschaften, kann sich der medialen Aufmerksamkeit, aber auch seiner Privatsphäre sicher sein, denn seine Identität ist weiterhin unbekannt. Wir müssen uns Banksy auch als einen reichen Menschen vorstellen. Gemälde von ihm erzielen Rekordsummen, seine Arbeiten haben entschieden zur Kommerzialisierung von Street-Art beigetragen.
Jüngst ließ sich das in London beobachten: Nur Stunden, nachdem Banksy sich über Instagram zu einem Werk (einem heulenden Wolf) bekannte, stahlen Maskierte die Satellitenschüssel, auf die der Meister seine Sprühdose gerichtet hatte. Oder gehörte der Diebstahl gar zum Kunstwerk dazu? Dass Banksy um die Kraft der Performance weiß, hat er spätestens 2021 bewiesen, als er ein gerahmtes Bild schreddern ließ – Augenblicke nach dessen Versteigerung.
Fünf Tage in Folge tauchten bis Redaktionsschluss in und um London die typischen Schablonengraffiti Banksys auf. Das Internet – und sicher auch der ein oder andere Hausbesitzer, der auf eine Wertsteigerung seiner Immobilie hofft – wartet seitdem auf nächste Sichtungen. Ungewöhnlich: Die fünf Banksy-Artworks zeigen Tiere in unverfänglichen Posen.
In der Zeitschrift monopol freute man sich bereits über die vermeintlich unpolitischen Bilder. Und hofft, dass nicht doch wieder „eine Pointe hinter der nächsten Straßenecke lauert“. Immerhin haben Banksys Werke schon „oft genug auch dem Kitsch, dem neunmalklugen Witz und der einfachen politischen Botschaft die Tür aufgehalten“, heißt es. Vielschichtige Kunst sei das nicht. Will es auch nicht sein: Banksys Methode besteht ja gerade darin, dem Code seinen Schlüssel zur Seite zu stellen.
Große Kunst?
Wer sich Hauswände zur Leinwand erwählt, muss zu breiteren Pinseln greifen. Kunst muss zu ihrem Wirkungsort passen, sei es der White Cube – oder die Autobahn: In Frankreich sind entlang der A4 bunte Skulpturen angebracht, in Belgien ragt mit dem „Arc Majeur“ ein stählerner Halbkreis aus dem Highway. Große Kunst? Mitnichten. Willkommene Abwechslung? Wahrscheinlich.
Der französische Soziologe Henri Lefebvre formulierte 1968 in „Recht auf Stadt“ den eigentlich recht simplen Gedanken, dass sich die Stadt verändern müsse, wenn sich das Leben ihrer Bewohner ändern solle.
In der walisischen Stahlstadt Port Talbot war dieser Effekt zumindest zeitweilig zu beobachten. Wie die BBC berichtete, hatte das Auftauchen eines Banksy-Wandbilds dort die Liebe zur Street-Art (neu) entfacht – Tourismuseinnahmen inklusive. Dass der Original-Banksy auf der Garagenwand schließlich für hohe Summen abtransportiert wurde, gehört zur Geschichte freilich auch dazu.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Debatte um SPD-Kanzlerkandidatur
Schwielowsee an der Copacabana
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus
Papst äußert sich zu Gaza
Scharfe Worte aus Rom
Wirtschaftsminister bei Klimakonferenz
Habeck, naiv in Baku
BSW und „Freie Sachsen“
Görlitzer Querfront gemeinsam für Putin
Hype um Boris Pistorius
Fragwürdige Beliebtheit