Banken-Aufsicht der EZB soll kommen: Deutsch-französischer Kompromiss
Deutschland und Frankreich haben sich offenbar in der Frage einer europäischen Bankenaufsicht geeinigt. Ihr kommt eine zentrale Rolle in der Schuldenkrise zu.
BERLIN rtr | Kurz vor dem Sondertreffen der EU-Finanzminister haben sich deutsche und französische Unterhändler einem Pressebericht zufolge auf einen Kompromiss für die geplante Banken-Aufsicht unter dem Dach der EZB geeinigt. Demnach solle die Europäische Zentralbank direkt alle systemrelevanten sowie solche Banken beaufsichtigen, die staatlich gestützt werden, berichtete die Süddeutsche Zeitung am Mittwoch unter Berufung auf einen Diplomaten.
Die anderen Banken sollten weiter von nationalen Aufsehern kontrolliert werden. Die EZB solle jedoch das Recht erhalten, den nationalen Aufsehern Anweisungen zu erteilen und die Aufsicht über jede Bank in begründeten Fällen an sich zu ziehen.
Sicher sei ein Beschluss der Finanzminister über die gesetzlichen Grundlagen der zentralen Aufsicht allerdings immer noch nicht, da einige Nicht-Euro-Länder, vor allem Großbritannien, Schweden und Tschechien, zusätzliche Stimmrechte durchsetzen wollten.
Das Handelsblatt zitierte einen Verhandlungsteilnehmer mit den Worten, „die EZB könnte zwischen 60 und 150 Banken in Europa beaufsichtigen“. Demnach sollen zum einen Banken mit einer Bilanzsumme von mehr als 30 Milliarden Euro von der Europäischen Notenbank überwacht werden.
Differenzen zwischen Deutschland und Frankreich
Zum anderen werde diskutiert, Banken unter EZB-Aufsicht zu stellen, deren Bilanzsumme mehr als 20 Prozent des heimischen Bruttoinlandsprodukts überschreiten. Damit solle abgesichert werden, dass Kreditinstitute, die zwar nicht als systemrelevant gelten, aber für das jeweilige Land ein Risiko darstellten, von der EZB kontrolliert würden.
Vor allem Differenzen zwischen Deutschland und Frankreich hatten eine Einigung bei einem Treffen der EU-Finanzminister in der vergangenen Woche verhindert. Während Frankreich für eine möglichst schnelle Aufstellung einer Bankenaufsicht plädierte, die alle Kreditinstitute in Europa im Blick haben soll, forderte Deutschland, nur die größten Geldhäuser der gemeinsamen Aufsicht zu unterwerfen.
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble hatte zudem auf eine klare Trennung der Aufsicht und der Geldpolitik bei der EZB gepocht. Der gemeinsamen Bankenaufsicht kommt eine zentrale Rolle im Kampf gegen die Schuldenkrise zu. Erst wenn die steht, soll der Euro-Rettungsschirm ESM Banken direkt mit Kapitalhilfen unter die Arme greifen können.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Stockender Absatz von E-Autos
Woran liegt es?
Kürzungen im Berliner Haushalt
Kultur vor dem Aus
Bundestag bewilligt Rüstungsprojekte
Fürs Militär ist Kohle da
Grüne über das Gezerre um Paragraf 218
„Absolut unüblich und respektlos“
BSW-Chefin im ZDF
Wagenknecht räumt Irrtum vor russischem Angriff ein
Erfolg gegen Eigenbedarfskündigungen
Gericht ebnet neue Wege für Mieter, sich zu wehren