Bank kriselt wegen Schiffen: Wieder Sorgen um die Nordbank
Die Schifffahrtskrise und ein schwacher Euro deckeln die Sanierungserfolge bei der Umstrukturierung zu einer Regionalbank.
Der Gewinn der HSH Nordbank AG ist im ersten Halbjahr eingebrochen. Der Konzernüberschuss nach Steuern sank auf 70 Millionen Euro – im Vorjahreszeitraum hatte die Staatsbank noch ein Plus von 338 Millionen erwirtschaftet. Im zweiten Quartal gab es sogar ein Minus. Die Schuld gibt Vorstandsvorsitzender Paul Lerbinger dem „weiter verschlechterten Markt- und Branchenumfeld“. Lerbinger machte am Freitag auf der Halbjahres-Bilanzpressekonferenz aber auch deutlich, dass er sich „nicht entmutigen lassen“ will.
Optimismus klingt anders. Dabei steht die Nordbank unter dreifachem Druck. Die Altlasten aus den Zockergeschäften in den 2000er-Jahren müssen möglichst bilanzschonend abgebaut werden. Andernfalls drohen den Haupteigentümern Hamburg und Schleswig-Holstein weiterhin hohe Verluste. Die Aufstockung des Kapitals um 500 Millionen Euro durch die beiden Länder im Frühjahr hat die Zukunft der Staatshaushalte weiter eng mit dem Wohl und Wehe der Bank verknüpft. Noch schlagen zudem Bürgschaften der Länder über sieben Milliarden Euro zu Buche. Die Abbaubank unter dem Dach der HSH steckt aber voller heikler Risiken: So mussten allein im ersten Quartal 275 Millionen Euro für hochspekulative, sogenannte Derivate, also abgeleitete Finanzprodukte, abgeschrieben werden.
Das größte Risiko für die einst weltgrößte Schiffsbank stellt in den kommenden Jahren aber die sich vertiefende Krise der Seeschifffahrt dar. Maritime Geschäfte werden in US-Dollar abgewickelt. Daher leidet das Ergebnis zudem unter dem schwachen Euro.
Obendrein drücken die Vorgaben der EU-Kommission, die Brüssel als Ausgleich für die staatlichen Rettungspakete verlangt. Sie zwingen Lerbinger zur drastischen Verkleinerung des Geschäfts. Was wiederum Zinseinnahmen und Chancen auf Renditen kostet. Gleichzeitig soll der globale Gemischtwarenladen zu einer regionalen „Bank für Unternehmer“ umgebaut werden und sich damit dem früheren Bild einer öffentlichen Landesbank wieder annähern.
In Geduld übt sich daher die Gewerkschaft. „Die Strategie der HSH ist richtig“, sagte Ver.di-Sekretär Berthold Bose der taz, „erneuerbare Energie ist richtig, Logistik ist richtig, die HSH setzt auf Zukunftsfelder.“ So konnte das Volumen neuer Kredite auf rund drei Milliarden Euro verdoppelt werden. Trotzdem bleibt Nordbank-Aufsichtsrat Bose besorgt. „Was der HSH wie allen Banken Probleme bereitet – und das sieht man auch an den aktuellen Zahlen – ist, dass es eigentlich nicht vorangeht. Weil Europa, weil die Weltwirtschaft in die Knie geht.“ Dazu kämen die Altlasten. „Ob die Bank auf einem guten Weg ist, muss sich noch zeigen. Da bin ich nicht so euphorisch.“ Von einer grundsoliden Bank sei man noch ein ganzes Stück entfernt – „dazu ist der Sumpf zu tief“.
Die Sorge um Bank und öffentliche Haushalte überschattet ein weiteres Problem: Die Verkleinerung der Bank infolge der EU-Auflagen kostet ein Drittel der Jobs. Bislang funktioniert das noch über Abfindungen und ohne betriebsbedingte Kündigungen. Seit Anfang des Jahres ging die Zahl der Vollzeitarbeitstellen aber nur um 248 auf 3.436 zurück. Ob der Stellenabbau weiterhin sozialverträglich vonstattengehen kann, bleibt offen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Weil sie weiblich sind
Scholz und Pistorius
Journalismus oder Pferdewette?
Verein „Hand in Hand für unser Land“
Wenig Menschen und Traktoren bei Rechtspopulisten-Demo
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen