: Bandenkrieg eskaliert
■ Wieder wurden drei Vietnamesen erschossen. Vermutlich aus Rache
Berlin (dpa) – Bei den sich zuspitzenden Bandenfehden um den illegalen Zigarettenhandel sind in Berlin drei weitere Vietnamesen erschossen worden. Offenbar handelt es sich dabei um einen Racheakt für die Ermordung von sechs Vietnamesen am Wochenende in einem Hochhaus in Marzahn. Die Opfer vom Wochenende gehörten zur „Quang Binh“-Gruppe, die drei neuen Opfer seien der gegnerischen „Ngoc Thien“-Bande zuzurechnen, sagte Ermittlungschef Detlef Schade am Donnerstag der dpa. „Es spricht einiges dafür, daß es Racheakte gewesen sind.“
Die drei Opfer im Alter von 18, 23 und 28 Jahren waren am Mittwoch früh von einem Gleisarbeiter an einem Bahndamm im Bezirk Lichtenberg entdeckt worden. Vermutlich wurden sie bereits am Dienstag abend mit Kopfschüssen getötet. Sie stammten alle aus demselben Ort in Mittelvietnam. Zwei waren abgelehnte Asylbewerber, der dritte war deutschen Behörden unbekannt. Zumindest die beiden abgelehnten Asylbewerber waren Straßenhändler, die die unterste Hierarchie-Ebene innerhalb der Zigarettenmafia bilden.
Seit Beginn der blutigen Auseinandersetzungen 1992 sind in Ostdeutschland bereits etwa 60 Vietnamesen getötet worden, ergab eine Umfrage der dpa. Berlins Innensenator Jörg Schönbohm (CDU) beschrieb die jüngsten Morde als eine der „inzwischen schon üblichen Art der vietnamesischen Hinrichtungen“. Allein in Berlin wurden in diesem Jahr 15 Vietnamesen ermordet.
Der Berliner Markt mit etwa 10.000 Straßenhändlern wird nach Einschätzung der Polizei derzeit von der „Quang Binh“-Gruppe dominiert, die rund 50 Personen umfaßt. Sie kontrolliert mehrere tausend Straßenhändler, die Schutzgelder zahlen müssen. Benannt hatte sich die Gruppe nach einer gleichnamigen mittelvietnamesischen Provinz. Die gegnerische Gruppe um den Bandenchef Ngoc Thien versucht derzeit, Marktanteile in Berlin zu erobern. Sie soll ebenfalls rund 50 Mitglieder haben.
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