Band Ja, Panik protestiert gegen FPÖ: Ästhetischer Widerstand
Nein, Gelassenheit! Die österreichische Indie-Band Ja, Panik wendet sich in einem Appell eindringlich gegen die drohende FPÖ-Machtübernahme in Wien.
„Hallo zusammen, ich möchte heute über etwas Wichtiges sprechen.“ So beginnt Andreas Spechtl, Mitglied der Band Ja, Panik, einen kurzen Videomonolog. Angemessen dringlich, ruhig und entschlossen zugleich reflektiert er darin die aktuelle politische Lage.
Ja, Panik gründeten sich 2005 in Wien. In jenem Jahr feierte Österreich 60 Jahre Kriegsende, 50 Jahre Staatsvertrag und 10 Jahre EU-Beitritt. Nun, 20 Jahre danach, könnte man diese Jubiläen erneut begehen, plus 20 Jahre Ja, Panik. Doch wie den meisten Kulturschaffenden ist der Band momentan nicht nach feiern zumute. Anfang Januar sind die Koalitionsverhandlungen zwischen ÖVP, SPÖ und den liberalen Neos in Wien gescheitert.
Letztere hatten die geplante Koalition platzen lassen. Eine liberale Lieblingsdisziplin. Siehe die „offene Feldschlacht“ der FDP und der unwürdige Abgang von Christian Lindner als Finanzminister hierzulande. In Österreich liegen die Dinge anders: Denn nun steigen die Chancen der rechtspopulistischen FPÖ, mit Herbert Kickl den Kanzler zu stellen.
Die konservative ÖVP wäre dabei Juniorpartner. Und das ziemlich genau 25 Jahre, nachdem sich FPÖ und ÖVP zum ersten Mal als Regierung in Wien zusammenfanden. 2000 noch mit einer ÖVP, die den Bundeskanzler stellte.
Welche gravierenden Auswirkungen eine Machtübertragung an die FPÖ auf die Kultur hätte, darauf haben in einem offenen Brief 150 Kulturschaffende hingewiesen und sie fordern ein Ende der Koalitionsverhandlungen zwischen FPÖ und ÖVP. Unter den Unterzeichnenden finden sich beispielsweise die Schriftstellerin und Nobelpreisträgerin Elfriede Jelinek.
„Die FPÖ ist in keiner Regierungskonstellation tragbar, schon die Aussicht, sie könnte regieren, führt dazu, dass sie sich offen für Zensur ausspricht. Zu den weiteren seit 30 Jahren gepflegten Feindbildern der FPÖ gehören Kunst und Kultur“, heißt es in dem Brief.
Dieser Bedrohung sind Ja, Panik gewahr: „Es muss klar sein, dass der Faschismus nicht nur als politisches System funktioniert, sondern dass er nur funktionieren kann, wenn er auch in die Kultur eindringt“, erklärt Andreas Spechtl. Anzeichen für diesen Paradigmenwechsel liefern auch die Vorhaben, finanzielle Förderung einzustellen, wovon viele Kulturinstitutionen abhängig sind. Vielleicht waren es genau diese Förderungen, die die Kulturszene zu demütig gemacht haben, denen gegenüber, die das Geld verteilen.
Haben sie eventuell das Selbstbewusstsein unter dieser Abhängigkeit schrumpfen lassen? Genau dies gälte es nun wieder herzustellen und resistent zu werden. So beschwört Andreas Spechtl „ästhetischen Widerstand“: „Unsere Gedanken, unsere Ideen lauern hinter jeder Ecke“, führt er aus.
Ein Satz, eine Drohung, ein Bekenntnis, der für die nächsten Jahre das Credo aller Kulturschaffenden sein sollte, die widerständig bleiben und werden wollen. Auch hierzulande gilt, höchste Zeit für antifaschistisches Networking!
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