: Bärendienst -betr.: "Arsen als Heilmittel der Homöopathie",taz vom 12.1.96
Betr.: „Arsen als Heilmittel der Homöopathie“ v. 12.1.
Ihr habt allen Homöopathen einen Bärendienst erwiesen. Nicht nur, daß ich diesen Artikel als undifferenziert empfinde, sondern er macht es uns Ärzten, die in Konflikt mit der Schulmedizin stehen, da sie klassisch homöopathisch arbeiten, nur noch schwerer, unsere Patienten zu behandeln, und uns gegenüber den Krankenkassen für eine Kostenbeteiligung bzw. eine Kostentbernahme der Kosten stark zu machen. Ich möchte dazu anmerken, daß ein ganzheitliches Diagnosegespräch von drei Stunden mit einer Ausarbeitung von ca. vier bis fünf Stunden nicht mit 200 Mark zu bezahlen ist. Das wäre ein Bruttoarbeitslohn von 30 Mark pro Stunde, wobei die Kosten für die Praxis und möglicherweise Helferinnen oder sonstiges davon abgehen. Sowas ist nicht zu machen.
Wer so liquidiert, arbeitet entweder schwarz oder schlecht. Es hat sicherlich seine Berechtigung wenn man verlangt, daß vor einer Behandlung, sei sie schulmedizinisch oder auch homöopathisch, zuerst immer die Diagnose gestellt werden muß. Eine Diagnosestellung ist meines Erachtens jedoch primär dem Mediziner vorbehalten, denn nur wenn wir ausgebildet sind können wir erkennen, ob es möglich ist, jemanden homöopathisch zu behandeln oder ob es nicht vordringlicher ist, schulmedizinisch vorzugehen, um den Patienten nicht zu gefährden.
Ich habe überhaupt keine Berührungsängste mit klassisch homöopathisch arbeitenden Nichtmedizinern, glaube auch, daß ich von manchen von ihnen etwas lernen könnte, aber wir müssen alle darauf bestehen, daß wir gewissenhaft arbeiten. Gerade unsere alten Lehrmeister waren und sind exzellente Diagnostiker im medizinischen Bereich und dazu gehört nun mal eine lange Erfahrung, gerade auch im schulmedizinischen Arbeiten.
Die Ausbildung dahin, daß wir Ärzte den Zusatztitel Homöopathie beantragen können und dann auch genehmigt bekommen, dauert nicht zwei sondern zur Zeit drei Jahre und ist äußerst zeit- und kostenaufwendig. Die meisten Ärzte, die klassisch homöopathisch arbeiten, bilden sich noch meist monatlich in eigenen Arbeitskreisen fort, haben größtenteils ihre Supervisionsgruppen und besuchen Fortbildungen. Nur so ist eine gute und für beide Seiten befriedigende Arbeit zu erreichen. Nur so können wir dem Prinzip Samuel Hahnemanns folgen „Mach es nach, aber mach es genau nach“. H.P Deitschun, Prakt. Arzt, Homöopathie
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