Baerbock in Ukraine: Keine leeren Versprechen
Die Außenministerin Annalena Baerbock hat die Ukraine besucht- als erstes deutsches Regierungsmitglied seit Kriegsbeginn.
Zum Auftakt besichtigte Baerbock da gerade den Kiewer Vorort Butscha, wo russische Soldat*innen vor ihrem Abzug Kriegsverbrechen an der Bevölkerungen begangen haben sollen. Hunderte Menschen starben dort. Bewegt, mit brüchiger Stimme sprach Baerbock nach einem Rundgang vom „Schmerz von Vätern, Müttern, Tanten, Freunden, Nachbarn, Kollegen“ der Opfer. Die internationale Gemeinschaft werde die Täter zur Verantwortung ziehen. „Das ist das Versprechen, das wir hier in Butscha geben können und geben müssen.“
Am Nachmittag sprach Baerbock vor einem Treffen mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenski mit Außenminister Dmytro Kuleba. Schon zum dritten Mal in ihrer noch kurzen Amtszeit besuchte sie ihn im Außenministerium in der Kiewer Innenstadt. Sie sei froh darüber, in „einem freien Kiew“ zu sein, sagte sie während der anschließenden Pressekonferenz. Ob es dazu noch mal kommen würde, habe sie in den Tagen nach Kriegsbeginn bezweifelt.
Konkret kündigte Baerbock an, dass die deutsche Botschaft mit einigen Mitarbeiter*innen ab sofort ihre Arbeit in Kiew wiederaufnehmen werde. Kurz vor Kriegsbeginn hatte das Auswärtige Amt das Personal evakuiert. Unterstützung sagte sie der ukrainischen Regierung bei der Entminung befreiter Gebiete und der weiteren Aufklärung von Kriegsverbrechen zu. So werde man „zwei zusätzliche Staatsanwältinnen für Sexualverbrechen ermöglichen“.
Zusätzliche Staatsanwältinnen für Sexualverbrechen
Abgesehen davon hatte Baerbock kaum neue Ankündigungen mitgebracht. Auf der Pressekonferenz mit Kuleba sprach sie unter anderem von der Ausbildung ukrainischer Soldat*innen an deutschen Panzerhaubitzen, die „in diesen Tagen“ starte. Dieses Vorhaben war allerdings schon zuvor bekannt: Die Ukraine wird sieben Panzerhaubitzen der Bundeswehr und fünf der niederländischen Streitkräfte erhalten, die Ausbildung dafür findet in Rheinland-Pfalz statt. Die Panzerhaubitzen sind voraussichtlich die ersten schweren Waffen aus Deutschland, die in der Ukraine eintreffen werden. Die militärische Unterstützung der Ukraine begründete Baerbock unter anderem mit den über 200 Kindern, die durch den russischen Angriff bislang getötet wurden.
Zumindest etwas Unterstützung sagte Baerbock der Ukraine zudem in der Frage der EU-Mitgliedschaft zu. Sie sprach dabei von einer „Vollmitgliedschaft“ – eine implizite Abgrenzung von Frankreichs Präsident Macron, der am Vortag eine Art Mitgliedschaft light für Länder wie die Ukraine ins Spiel gebracht hatte. Auf dem Weg in die Europäische Union dürfe es „keine leeren Versprechungen“ geben, so Baerbock, auf der anderen Seite sei aber auch „keine Abkürzung“ möglich. Zudem brauche zunächst die EU selbst eine Reform. Nach einem beschleunigten Beitritt klang das nicht.
Baerbocks Besuch in der Ukraine war eine lange Diskussion vorangegangen. Eigentlich wollte schon vor Wochen Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier nach Kiew reisen. Die ukrainische Regierung wollte ihn aber nicht empfangen, da sie ihm persönlich Fehler in der deutschen Russlandpolitik der letzten Jahre vorwirft. Erst in der vergangen Woche wurde der Streit in Telefonaten offiziell ausgeräumt.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Denkwürdige Sicherheitskonferenz
Europa braucht jetzt Alternativen zu den USA
„Edgy sein“ im Wahlkampf
Wenn eine Wahl als Tanz am Abgrund verkauft wird
RTL Quadrell
Klimakrise? War da was?
Verlierer der Wahlrechtsreform
Siegerin muss draußen bleiben
Absturz der Kryptowährung $LIBRA
Argentiniens Präsident Milei lässt Kryptowährung crashen
Tabubruch der CDU
Einst eine Partei mit Werten