Badewarnung für Tegeler See: Die Killer-Alge schlägt zu
Das Rätsel um die toten Hunde vom Tegeler See ist teilweise gelöst: eine seltene Blaualge wars. Woher die kommt, weiß das Amt nicht – warnt aber vor dem Baden.
Das Landesamt für Gesundheit und Soziales (Lageso) rät vorerst vom Baden im Tegeler See ab. Bei einer Untersuchung des Mageninhalts von drei Hunden, die nach Spaziergängen dort gestorben waren, hätten Forscher der Freien Universität das Blaualgen-Gift Anatoxin A nachgewiesen, erklärte Lageso-Sprecherin Silvia Kostner am Mittwoch der taz. Eine weitere Untersuchung des Umweltbundesamts (UBA) habe zudem ergeben, dass das Gift in den Mägen eine „letale Dosis“ gehabt habe.
Zwar sei bei Wasseranalysen des UBA im Schwimm- und Flachwasserbereich derzeit keine für den Menschen gesundheitsrelevante Konzentration des Giftes nachweisbar, so Kostner. „Aber das kann sich innerhalb von Stunden ändern, gerade bei warmem Wetter.“ Familien mit Kindern, die naturgemäß viel Wasser verschlucken, sollten daher „auf keinen Fall“ am See schwimmen gehen.
Überhaupt sollte man den Kontakt mit den Algenmatten vermeiden, ans Ufer geschwemmte Algenansammlungen nicht anfassen – und wenn man doch schwimmt, kein Wasser schlucken. Konkret gilt die Warnung für die Badestellen Saatwinkel, gegenüber Scharfenberg, Freibad, Reiherwerder, gegenüber Reiswerder.
In den vergangenen Wochen waren immer wieder Hunde nach Ausflügen am Tegeler See plötzlich verstorben. Allein in die Tegeler Tierarztpraxis von Kai Rödiger waren elf Hunde mit denselben Symptomen eingeliefert worden, wie der Veterinär erzählt. „Erst Zittern, Speicheln, Nicht-mehr-stehen-können, dann Atemstillstand.“ Vier habe er durchbringen können, die anderen seien binnen einer halben Stunde verstorben. „Bei dieser auffälligen Häufung lag eine Vergiftung nahe“, so Rödiger. Er habe daher veranlasst, dass einige Tier, deren Halter einverstanden waren, pathologisch untersucht wurden – mit dem nun bekannten Ergebnis.
Bakterien, keine Algen
Blaualgen sind eigentlich gar keine Algen, wie man früher dachte, sondern so genannte Cyanobakterien. Sie treten regelmäßig in stehenden und schwach fließenden Gewässern auf, vor allem im Hochsommer. Manchmal bilden die Cyanobakterien Gifte, die in bestimmten Konzentrationen gesundheitsschädlich sein können. Normalerweise reagierten Betroffene, die mit den Algen in Kontakt gekommen sind, mit Erbrechen und Kopfschmerzen, so Kostner.
Nun habe man es aber mit einer „neuen Art“ zu tun, deren Gift von anderem Kaliber sei: In großen Mengen eingenommen könne Anatoxin A auch beim Menschen zu Krämpfen und Atemstillstand führen, erklärte die Lageso-Sprecherin.
Bekannt sind Anatoxin A produzierende Cyanobakterien hierzulande bislang nicht. Laut Wikipedia sterben aber etwa in Kenia jedes Jahr zigtausende Flamingos an einer solchen Vergiftung. Die Frage ist also: Wie kommt diese Art von Cyano nun nach Berlin? Kostner: „Das wüssten wir auch gerne.“
Noch nicht abschließend geklärt ist die Frage, ob es eine zweite Ursache für das Hunde-Sterben geben könnte. Zeitungen hatten berichtet, einige Tier seien wohl an einer Zinkvergiftung durch ausgelegte Köder gestorben. Zinkphosphid, auch „Giftweizen“ genannt, ist bei Gärtnern beliebt zur Bekämpfung von Wühlmäusen.
Die Polizei erklärte auf taz-Anfrage, man habe „keine Köder fest- oder sichergestellt, welche Zink oder Zinkverbindungen enthielten“. Beim zuständigen Abschnitt 11 sind bislang zwölf Anzeigen von Hundehaltern mit erkrankten oder verendeten Tieren eingegangen.
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