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BREMER ARBEIT"Formsache" zieht sich hin

Die Zusammenlegung der Arbeitsmarkt-Firmen war für das Sozialressort längst beschlossene Sache. Doch die Grünen unterstützen BAG-Chefin Katja Barloschky

Zu weit aus dem Fenster gelehnt? Sozial-Staatsrat Schuster Bild: [M] taz

Ins Stocken geraten sind die Pläne, die Bremer mit der Bremerhavener Arbeit GmbH zu verschmelzen. Anfang Juni hatte das Sozialressort die Fusion der beiden städtischen Gesellschaften angekündigt. Die entsprechende Entscheidung des Senats schien reine Formsache, doch jetzt ist sie bis nach der Sommerpause vertagt worden.

Klarheit über die Pläne hatte der zuständige Sozial- und Arbeitsstaatsrat Joachim Schuster (SPD) eigentlich bereits für vergangene Woche angekündigt (taz berichtete). Nun gebe es aber "grundsätzlichen Beratungsbedarf" im rot-grünen Senat, erklärt sein Sprecher Peter Lohmann am Mittwoch. Auch die Frage, ob die Arbeitsmarkt-Firmen überhaupt zusammengelegt werden sollen, stehe zur Debatte.

Vorbehalte gibt es vor allem bei den Grünen. Offen sprechen mag darüber in Bremen aber niemand. "Wir sind an keiner Berichterstattung zu dem Thema interessiert, in der die Grünen vorkommen", sagt die arbeitsmarktpolitische Sprecherin der Bürgerschaftsfraktion, Silvia Schön. Aus anderen Kreisen ist zu hören, Unmut entzünde sich in erster Linie an Personalien - der Frage, wer die fusionierte Firma leiten soll.

Nach dem Willen des Sozialressorts soll das die Chefin der Bremerhavener Arbeit GmbH (Brag), Marlis Kaap, übernehmen. Bei den Bremer Grünen favorisiert man hingegen Katja Barloschky, die bislang die Bremer Arbeit GmbH (BAG) leitet. Kaap gilt intern als umstritten. Ihr werden Inkompetenz und schlechter Führungsstil nachgesagt.

Weniger zugeknöpft geben sich nur die Grünen in Bremerhaven. "Mit Erstaunen" habe sie von den Fusionsplänen gehört, sagt dort die arbeitsmarktpolitische Sprecherin der Stadtverordnetenfraktion, Gerhild Engels, die zugleich Mitglied im Brag-Aufsichtsrat ist. Statt Brag-Chefin Kaap von vornherein zur Geschäftsführerin einer Landesgesellschaft zu machen, plädiere sie dafür, die Stelle neu auszuschreiben. "Dann soll es die werden, die besser ist", sagt Engels. "Schließlich geht es darum, gute Voraussetzungen für Menschen zu schaffen, die keine Arbeit haben und nicht darum, Geschäftsführerinnen zu versorgen."

Rund vier Millionen Euro kosten BAG und Brag im Jahr. Sie sind für die Qualifizierung von Arbeitslosen zuständig - vornehmlich in so genannten Ein-Euro-Jobs. Doch diese Aufgaben schwinden, nicht zuletzt weil die Mittel für arbeitsmarktpolitische Maßnahmen aus dem Europäischen Sozialfonds (ESF) sinken. Laut Ressort ließen sich durch eine Zusammenlegung 110.000 Euro im ersten, 235.000 im dritten Jahr einsparen.

In der Opposition hält man die Pläne indes für einen "skandalösen Vorgang", wie der CDU-Abgeordnete Harry Nestler erklärt. "Misstrauisch" mache vor allem, dass der BAG mehr Aufgaben übertragen werden sollen: Auf Hinweise auf Unregelmäßigkeiten beim Beschäftigungsträger "Interkulturelle Werkstatt Tenever" wurde dort 2009 über Monate hinweg nicht reagiert. Auch BAG-Chefin Katja Barloschky hatte persönlich einen Tipp erhalten. "Gerade nach diesem Versagen", so Nestler, "wäre mehr Transparenz nötig".

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1 Kommentar

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  • UL
    Uwe Lange

    Die Zusammenlegungspläne geraten zu Recht ins Stocken.

    Denn bisher fehlt sowohl landespolitisch als auch in beiden Kommunen eine Gesamtschau auf den Teil der Arbeitsmarktpolitik, der von beiden Gesellschaften künftig operativ mit umgesetzt wird.

    Zunächst sollte geklärt werden, was in den kommenden Jahren unter den Bedingungen sinkender ESF- und Bundesmittel überhaupt von den Gesellschaften erledigt werden soll. Immerhin ist jetzt sicher, dass beide ARGEN erhalten bleiben und faktisch "in Konkurrenz" zu den Landesgesellschaften bag und brag stehen. Zudem ist auch im Arbeitsressort, wo auf Verwaltungsebene die Arbeitsmarktpolitik gesteuert wird, mehr Gestaltungswille erkennbar.

    Politisch fehlt es allerdings an klaren Vorgaben. Der Verzicht auf Mittel aus dem Landeshaushaltzum Beispiel im Bereich Öffentlich Geförderter Beschäftigung hat zu einer großen Abhängigkeit von der Bundespolitik und vom ESF geführt.

    Wenn Rot-Grün den 2. Arbeitsmarkt in Bremen mit jetzt 5000 Plätzen erhalten will, ist entweder mehr Geld (unrealistisch) oder fantasievolle Lösungen und Umsteuerung (Mehr 1 € -Jobs, weniger sozialversicherungspflichtige Stellen und kommunale zusätzliche Aufträge) nötig.

    Nachdem solche politische Grundfragen geklärt sind, lässt sich seriös bestimmen, in welchem Umfang die Landesgesellschaften benötigt werden.