piwik no script img

BMW LÄSST DEN BRITISCHEN AUTOHERSTELLER ROVER FALLENFahrt in den Nebel

Einer Fahrt mit 180 Stundenkilometern in dichtem Nebel gleicht das Engagement des BMW-Vorstands beim britischen Autohersteller Rover. Als die wilde Jagd 1994 begann, wussten die Münchner Autochefs nur eines: Sie wollten schneller vorankommen, um den Abstand zur Weltspitze zu verringern. Auf dem Weg dorthin verhielt sich BMW jedoch in höchstem Maße unverantwortlich – vor allem gegenüber den Beschäftigten der britischen Rover-Werke. Denn ein Konzept für die Entwicklung der englischen Marke war offenbar nicht vorhanden. Es kam, wie es kommen musste: Die Fahrt endet im Crash. BMW will Teile von Rover wieder verkaufen, was dazu führen könnte, dass tausende Arbeitsplätze wegfallen.

 Der Protest der Beschäftigten in Großbritannien ist so verständlich wie gerechtfertigt. Zwar handelt es sich bei der Rover-Fabrik Longbridge um eine unmoderne Anlage, in der ein Beschäftigter 30 Wagen pro Jahr produziert, während es die Konkurrenz auf über 100 bringt. Auch den Gewerkschaften musste deshalb klar sein, dass nicht alles beim Alten bleiben kann. Doch BMW hat sich kaum Mühe gegeben, der Produktionsstätte eine Zukunft zu eröffnen. In die Weiterentwicklung der Fahrzeuge wurde nicht ansatzweise so viel Energie investiert wie in die Modellpalette des Stammhauses. Als die Verluste nicht von allein zurückgingen, versuchte man hektisch umzusteuern – zu spät.

 Der Fall BMW-Rover wird als weiteres Beispiel für missglückte Fusionen in die Wirtschaftsgeschichte eingehen. Deshalb ist es kein Wunder, dass in Deutschland und Europa über schärfere Regelungen für die gegenseitige Übernahme von Firmen diskutiert wird. Auch die Bundesregierung arbeitet an einem entsprechenden Gesetz. Eine Lehre aus der Nebelfahrt des BMW-Vorstandes sollte sein, dass Fusionen in Zukunft an strenge Kriterien gebunden werden. Der Aufkäufer darf nur dann den Zuschlag erhalten, wenn er einen zukunftsträchtigen Plan für die Entwicklung des übernommenen Unternehmens präsentiert. Es kann nicht im Interesse der Politik liegen, Konzernvorständen zuerst freie Hand zu lassen, um dann mit Subventionen und gesellschaftlich finanziertem Arbeitslosengeld die Schäden zu bezahlen. HANNES KOCH

Lesen gegen das Patriarchat

Auf taz.de finden Sie eine unabhängige, progressive Stimme – frei zugänglich, ermöglicht von unserer Community. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen