BKA-Reformgesetz zur Terrorabwehr: Bischöfe kämpfen um Beichtgeheimnis
Laut geplantem BKA-Gesetz müssen Pfarrer im Zweifelsfall über seelsorgerische Gespräche Auskunft geben. Muslimische Geistliche genießen noch weniger Schutz.
BERLIN taz Die katholischen Bischöfe sind mit der geplanten BKA-Reform immer noch nicht zufrieden. Nach wie vor sehen sie das Beichtgeheimnis nicht ausreichend gewährleistet. Dies geht aus einem internen Papier der SPD-Fraktion hervor, das der taz vorliegt.
Die BKA-Reform sieht vor, dass das Bundeskriminalamt (BKA) künftig auch präventiv gegen den internationalen Terrorismus vorgehen darf, bisher war hierfür die Landespolizei zuständig. Ein Gesetzentwurf von Innenminister Wolfgang Schäuble (CDU) will dem BKA deshalb zahlreiche präventive Befugnisse geben, am umstrittensten ist das Recht, heimlich private Computer auszuspähen.
Zeitweilig sah ein interner Entwurf des Innenministeriums vor, dass das BKA heimliche Ermittlungsmaßnamen sogar gegen Geistliche, Abgeordnete und Strafverteidiger ergreifen kann, obwohl deren Gespräche sonst als tabu gelten. Nach Protesten der Kirche zog Schäuble diese Formulierung zurück. Die Wohnungen und die Telefone von Geistlichen dürfen nun nicht abgehört werden.
Dem Kommissariat der Bischöfe - so nennt sich das katholische Verbindungsbüro zur Politik - reicht das aber nicht aus. Denn Geistliche sollen künftig über seelsorgerische Gespräche befragt werden können und nicht das Zeugnis verweigern dürfen - wenn "die Auskunft zur Abwehr einer Gefahr für den Bestand oder die Sicherheit des Staates oder Leib, Leben oder Freiheit einer Person erforderlich ist". So steht es in Paragraf 20c des Gesetzentwurfs. Höflich bittet nun die Vertretung der Bischöfe darum, auch in diesen Fällen das Beichtgeheimnis zu wahren.
Noch weniger geschützt sind die seelsorgerischen Gespräche von Imamen, denn sie sind auch vor heimlichen Ermittlungen nicht sicher. In der Begründung zum BKA-Gesetzentwurf heißt es, dass nur "Geistliche der öffentlich-rechtlichen Religionsgemeinschaften" besonders geschützt sind. Verwiesen wird dabei auf Rechtsprechung und Rechtslehre. Dort wird tatsächliche eine strafprozessuale Schutzvorschrift für Geistliche so ausgelegt, dass Muslime wegen ihrer wenig verrechtlichten Strukturen keine Protektion vor staatlichen Lauschern genießen.
Die SPD-Innenexperten Dieter Wiefelspütz und Sebastian Edathy wollen nun diese Sätze aus der Begründung des BKA-Entwurfs streichen. Dies wäre aber nur Kosmetik. Solange sich die Rechtsprechung nicht ändert, wären Imame weiter Geistliche zweiter Klasse. Erforderlich wäre vielmehr eine gesetzliche Klarstellung, etwa in der Strafprozessordnung, dass es beim Schutz seelsorgerischer Gespräche nicht auf Struktur und staatliche Anerkennung der Religionsgemeinschaft ankommt.
Der Entwurf zum BKA-Gesetz soll am 4. Juni im Bundeskabinett beschlossen und anschließend im Bundestag diskutiert werden. Der AK Vorratsdatenspeicherung hat gestern eine Online-Petition gegen die BKA-Reform gestartet
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
James Bridle bekommt Preis aberkannt
Boykottieren und boykottiert werden
Hype um Boris Pistorius
Fragwürdige Beliebtheit
Russischer Angriff auf die Ukraine
Tausend Tage Krieg
G20-Gipfel in Brasilien
Milei will mit Kapitalismus aus der Armut
Verfassungsklage von ARD und ZDF
Karlsruhe muss die unbeliebte Entscheidung treffen
Virale „Dubai-Schokolade“
Dabei sein ist alles