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BILDUNGSKREDITE: MINISTERIN BULMAHN BESCHLEUNIGT DAS STUDIUMZeit wird Geld

„Jeder Student kann sich einen Bildungskredit nehmen.“ Sprach Edelgard Bulmahn. Und damit geht, in der Tennissprache formuliert, der Satz im Match um die Studienförderung klar an die Bildungsministerin. Mit ihrer klaren Aussage hat die bislang eher durch solides Spiel von der Grundlinie bekannte Bulmahn die hämische bis freche Bildungsopposition mit einem Volley passiert. Die mäkelte am Freitag bei der Verabschiedung eines verbesserten Bafög noch. Gestern hat die Bildungsministerin nun ein völlig neues Instrument eingeführt: Die Möglichkeit für Studierende, sich Kredite zur Beschleunigung ihres Studiums zu nehmen.

Sei es die Aussicht auf ein Auslandsstudium oder eine Phase, in der man sich vom Studium nicht durch Jobben ablenken lassen will – die Studierenden können dafür in Zukunft 600 Mark pro Monat von der Ausgleichsbank beanspruchen. Zu einem moderaten Zinssatz. Was jetzt kommt, ist abzusehen: Das neue Studiendarlehen wird ein Renner. Bald werden auch Privatbanken Karrierekredite vergeben. Und, das ist das Wichtigste, viele Studierende werden mit einer ganz anderen Haltung in die Seminare kommen als bisher: einer abschlussorientierten.

Wer Zinsen zahlt, ist weniger geneigt, eine normale Hausarbeit zu einer kleinen Promotion auszudehnen. Im Gegenteil: Er wird sie möglichst schnell zu Ende bringen wollen. Bulmahn sei Dank. Ob die Bundesbildungsministerin damit nach Spiel Bafög und Satz Bildungskredit auch das ganze Match Uni-Reform gewinnt, ist freilich nicht entschieden. Die Frau, die selbst von der Frisörinnentochter zur Chefin des bundesdeutschen Bildungswesens aufstieg, drängt das deutsche Hochschulsystem damit ja in eine ganz neue Richtung. In die nämlich, dass Bildung Geld kostet, dass der Besuch von Hochschulen nicht mehr allein ein öffentliches Gut ist, sondern – mindestens teilweise – wie eine Ware gehandelt wird.

Bulmahn und die SPD haben bereits viele Schritte in diese Richtung unternommen, aber jetzt geht es ans Eingemachte: Fürs Normalstudium Kredite aufzunehmen heißt, von Uni-Gebühren und all ihren sozialen Ausschlussmechanismen nur noch einen Fußbreit entfernt zu sein. Sosehr man die Unis zu einem Reformschub beglückwünschen mag, für die Studierenden wird das erhebliche Konsequenzen haben. Zuallererst materielle. Die zum Beispiel, dass die Höhe der Bafög-Schulden beim Staat gerade auf 20.000 Mark begrenzt wurde. Und man sich stattdessen zinsbelastet privat weiter verschulden darf. Aufschlag Bulmahn.

CHRISTIAN FÜLLER

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