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BGH bestätigt SchadenersatzanspruchViel Geld für VW-Diesel-Kunden

Das erste höchstrichterliche Urteil stärkt Zehntausenden Diesel-Käufern den Rücken. Und Volkswagen könnte das teuer zu stehen kommen.

Saubere Sache:-) Foto: STPP/imago

Karlsruhe dpa/rtr | Für Zehntausende Diesel-Fahrer ist der Weg für Schadenersatz von Volkswagen frei. In seinem ersten Urteil zum VW-Abgasskandal stellte der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe am Montag fest, dass klagende Käufer ihr Auto zurückgeben und das Geld dafür einfordern können. Auf den Kaufpreis müssen sie sich aber die gefahrenen Kilometer anrechnen lassen. (Az. VI ZR 252/19)

Die obersten Zivilrichter bestätigten mit ihrer Entscheidung ein käuferfreundliches Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Koblenz. Es hatte den VW-Konzern wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung verpflichtet, dem Käufer eines gebrauchten VW Sharan gut 25.600 Euro plus Zinsen zu erstatten. Der Mann hatte argumentiert, er habe der Werbung vertraut und geglaubt, ein sauberes Auto gekauft zu haben.

„Das Urteil bedeutet Rechtssicherheit für Millionen Verbraucher in Deutschland und zeigt einmal mehr, dass auch ein großer Konzern nicht über dem Gesetz steht“, erklärte Rechtsanwalt Claus Goldenstein, der den Kläger sowie rund 21.000 weitere Mandanten vertritt. Das Urteil habe nämlich auch für Besitzer von Pkws anderer Hersteller Signalwirkung, die illegale Abschalteinrichtungen in Dieselautos verbaut hätten.

„Wir haben das Urteil des Oberlandesgerichts Koblenz im Wesentlichen bestätigt“, sagte der vorsitzende Richter Stephan Seiters bei der mündlichen Verhandlung in Karlsruhe. Der Kläger Herbert Gilbert hatte Anfang 2014 für rund 31.500 Euro einen gebrauchten VW Sharan mit einem Dieselmotor vom Typ EA 189 gekauft, in dem eine Abschalteinrichtung verbaut ist. Diese sorgt dafür, dass die Abgasgrenzwerte nur auf dem Prüfstand eingehalten werden, auf der Straße wird viel mehr Stickoxid ausgestoßen.

Das Urteil bedeutet Rechts-sicherheit für Millionen Verbraucher in Deutschland und zeigt einmal mehr, dass auch ein großer Konzern nicht über dem Gesetz steht.

Rechtsanwalt Claus Goldenstein

Der Kläger sei vorsätzlich und sittenwidrig geschädigt worden, hatte das OLG Koblenz geurteilt und ihm 25.600 Euro Schadensersatz zugesprochen. Die zwischenzeitlich gefahrenen Kilometer wurden dem Käufer abgezogen. Sowohl VW als auch Kläger Gilbert legten gegen das OLG-Urteil Revision ein. VW wollte am BGH die vollständige Abweisung der Klage erreichen, der Kläger wollte den Abzug nicht akzeptieren.

Der BGH wies mit seinem Grundsatzurteil die Revision des Diesel-Käufers und im Wesentlichen auch die von VW zurück. Das gibt die Linie für viele Tausend noch laufende Gerichtsverfahren vor. Bisher hatten die unteren Instanzen sehr unterschiedlich geurteilt.

Teilnehmer der Musterfeststellungsklage profitieren nicht

Nach VW-Angaben sind bundesweit noch rund 60.000 Verfahren anhängig, also nicht rechtskräftig entschieden oder per Vergleich beendet. Das BGH-Urteil ist für viele dieser Fälle eine wichtige Weichenstellung. Trotzdem sind immer noch viele Rechtsfragen ungeklärt. Die Karlsruher Richter haben für Juli bereits die nächsten drei Verhandlungen zu anderen Diesel-Fällen angesetzt, weitere sollen folgen.

Auf den im Rahmen einer Musterfeststellungsklage ausgehandelten Vergleich, den laut VW inzwischen rund 240.000 Diesel-Besitzer akzeptiert haben, hat das Urteil keine Auswirkungen mehr. Sie hatten sich mit VW auf eine Entschädigung vom im Schnitt 15 Prozent des Neupreises geeinigt.

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4 Kommentare

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  • Jetzt wird's aber auch Zeit, dass sich der politische Autogipfel in Berlin auf eine so hoch wie möglich ausfallende Neuwagen -Kaufprämie - aus Steuermitteln - einigt, damit Volkswagen und Consorten über ausreichend Geld verfügen um sich bei der Entschädigung der geprellten Kunden - beim Rückkauf von deren Autos - finanziell nicht doch noch überheben muss!

    Der Aktionär will zum Jahresabschluss auch noch eine Dividende!

    Dass passt ja wieder alles ;-)!

  • Sicher sollte man sich auch mal die Frage stellen, warum sich so viele Betrogene dem Vergleich angeschlossen haben - und jetzt mit vergleichsweise kleinen Sümmschen zufrieden geben müssen.



    Die Antwort ist einfach:



    Weil hierzulande gilt: "Auf hoher See und vor Gericht da weiß man nicht ...".



    Im Grunde eine Schande für die Gerichtsbarkeit.

  • Das wird teuer für VW! Denn die Kläger in den noch ausstehenden Verfahren hatten ja bei Bekanntwerden der manipulierten Software ihre Fahrzeuge zum Schutze der Umwelt und ihrer Nächsten sofort stillgelegt. Eine Nutzungsentschädigung müssen sie sich also gar nicht anrechnen lassen.

  • So, jetzt noch die Klagen der Konkurrenz wegen irreführender Werbung,



    die Klage der Bundesrepublik Deutschland wegen der Umweltverschmutzung,



    die Klagen der Aktionäre gegen das Managament wegen der Kursverlusste,



    und natürlich die Klagen der Käufer im Ausland...

    Wenn man nur wollen würde könnte man diesen Sumpf von Betrugsmanagern mal so richtig austrocken - wenn man denn wollen würde ...

    Aber ich denke mal, dass von den "Berlinern" etliche ein "Vorzugsaktienpaket" im Keller haben ...