BGH-Urteil zu Nachbarschaftsstreit: Die Birken dürfen bleiben
Ordnungsgemäß angepflanzte Bäume müssen nicht gefällt werden, auch wenn sie den Nachbarn viel Arbeit machen. Das entschied der Bundesgerichtshof.
Konkret ging es um drei Birken in Heimsheim (Baden-Württemberg). Sie stehen im Garten eines Einfamilienhauses und sind inzwischen über 18 Meter hoch. Nebenan wohnt die 75-jährige Heidemarie S. mit ihrer Familie in einer Doppelhaushälfte.
Seit rund fünf Jahren streitet sie mit dem Eigentümer der Birken über die von ihnen ausgehenden Störungen: Pollenflug, „Würstchen“, Laub. „In jeder Fuge setzen sich die Samen ab. Ich muss ständig sauber machen und trotzdem ist es schmutzig“, sagte sie einer Boulevardzeitung.
Als Diskussionen nichts brachten, verklagte Heidemarie S. ihren Nachbarn. Er soll die Birken fällen – oder ihr von Juni bis November monatlich 230 Euro fürs Saubermachen zahlen.
Der Fall war in der Justiz umstritten. Zunächst lehnte das Amtsgericht Maulbronn ihre Klage ab. Dann erklärte das Landgericht Karlsruhe im August 2018: Die Birken müssen weg. Doch der Eigentümer der Birken ging in Revision zum Bundesgerichtshof und hatte nun in letzter Instanz Erfolg.
Der BGH entschied: Die Birken können bleiben. Der Birken-Eigentümer habe sein Grundstück ordnungsgemäß bewirtschaftet, er gilt daher nicht als „Störer“. Ausschlaggebend hierfür ist die Einhaltung des gesetzlich vorgegebenen Abstands zum Nachbargründstück.
Wieviel Abstand Bäume zum Nachbargrundstück einhalten müssen, wird durch Landesgesetze geregelt. Hier war das baden-württembergische Nachbarrechtsgesetz maßgeblich. Dieses sah früher für Birken einen Abstand von zwei Metern bis zur Grundstücksgrenze vor. Dieser Abstand war bei den Heimsheimer Birken eingehalten. Inzwischen gilt für Birken in Baden-Württemberg ein Abstand von vier Metern, aber nur für neue Anpflanzungen.
Da Frau S. keinen Anspruch auf Beseitigung der Störung hat, kann sie vom Eigentümer der Birken auch keine monatliche „Laubrente“ als Entschädigung für ihre Reinigungsarbeit verlangen.
Die BGH-Vorgaben sollen, so die Senatsvorsitzende Christina Stresemann, „in aller Regel“ gelten. Nur in „Ausnahmefällen“ bei extremer Belastung der Nachbarschaft sei ein Anspruch auf Beseitigung von ordnungsgemäß angeplanzten Bäumen möglich. „Es reicht aber nicht, dass ein Baum besonders lästig ist, wie eine Birke. Und es reicht auch nicht, dass nebenan ein Pollenallergiker wohnt.“
Gegen das BGH-Urteil sind keine Rechtsmittel mehr möglich.
(Az.: V ZR 218/18)
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