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Awacs: Ministerin schert aus

■ Leutheusser-Schnarrenberger bezweifelt, ob die Regierungsfraktion FDP die Bundesregierung verklagen kann / Rechte FDP über Justizministerin „überrascht“

Bonn (taz) – In Bonn sind neue Zweifel aufgetaucht, ob der Koalitionskompromiß über Awacs-Einsätze tauglich ist, den Streit zwischen den Regierungsparteien beizulegen. Wie gestern bekannt wurde, hatte sich Justizministerin Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) in der entscheidenden FDP-Fraktionssitzung am Mittwoch abend der Stimme enthalten. Zuvor hatte sie nach Angaben von FDP-Abgeordneten Zweifel geäußert, ob die verabredete Vorgehensweise zulässig sei.

Wie berichtet, hatten CDU/ CSU und FDP vereinbart, daß die Bundesregierung eine deutsche Beteiligung an den Awacs-Flügen billigen sollte, daß anschließend aber die FDP-Fraktion eine Klage gegen diesen Beschluß beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe einreichen sollte. Die Vereinbarung steht einstweilen unter dem Vorbehalt, daß der UN-Sicherheitsrat eine militärische Durchsetzung des Flugverbots über Bosnien beschließt.

Leutheusser-Schnarrenberger ließ gestern zwar Meldungen dementieren, wonach sie verfassungsrechtliche Bedenken gegen diesen Plan habe. Sie fügte jedoch hinzu, über „die davon zu trennende schwierige Frage der Zulässigkeit einer Anrufung des Bundesverfassungsgerichts“ werde allein das Gericht selbst zu entscheiden haben.

Wie es in Bonn hieß, hatte die Ministerin bezweifelt, ob die FDP- Fraktion durch eine Regierungsentscheidung im Fall Awacs in ihren Rechten verletzt sei und ob ihr deshalb überhaupt ein Klagerecht zustehe.

Hintergrund dieser Bedenken der Justizministerin ist dem Vernehmen nach auch ein „Spagat“ zwischen verschiedenen Rollen, die sie spielen muß. Sie vertritt nämlich vor dem Verfassungsgericht die Bundesregierung gegen eine Klage der SPD-Fraktion, die ähnlich begründet ist wie die geplante Organklage der Liberalen.

Mit ihren Zweifeln setzte sich die Justizministerin Angriffen von Teilen der FDP-Fraktion aus. Der Abgeordnete Jörg van Essen, der dem rechten Flügel seiner Partei zugerechnet wird, sagte gestern der taz, er sei „überrascht“ gewesen, daß Leutheusser-Schnarrenberger ihre Zweifel nicht schon früher geäußert habe. Van Essen und ihm nahestehende Fraktionskollegen werfen der Justizministerin Leutheusser-Schnarrenberger vor, daß sie schon den – von ihr mit ausgehandelten – Asylkompromiß später teilweise wieder in Frage gestellt hatte. Der linksliberale Abgeordnete Wolfgang Lüder verteidigte hingegen die Justizministerin: „Sie ist keine Traumdeuterin des Außenministers“, meinte Lüder, „aber auch keine Traumtänzerin.“

Unterdessen konnte sich Leutheusser-Schnarrenberger vom Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts, Roman Herzog, bestätigt fühlen. Herzog warnte davor, das höchste deutsche Gericht als eine Art „oberste Gutachterinstanz“ zu mißbrauchen. Sollte die FDP-Fraktion wie geplant gegen die Bundesregierung klagen, wäre nach Herzogs Worten „zunächst zu prüfen, ob es sich letztlich nicht um einen Rechtsstreit handelt, der in Wirklichkeit einen nicht zulässigen Antrag auf Erstattung eines verfassungsrechtlichen Gutachtens darstellt“. hmt

Bundestag streitet um Awacs

Bonn (AP) – Ohne Mitwirkung der Regierung hat der Bundestag gestern den innenpolitischen Streit um die Awacs-Entscheidung der Koalition fortgesetzt. Der SPD- Abgeordnete Günter Verheugen hielt ihr vor, sie habe einen „politischen Trickbetrug“ unternommen und dränge das Verfassungsgericht in die Rolle des Oberbefehlshabers der deutschen Streitkräfte.

Für die Unionsfraktion fragte Karl Lamers, ob ein Ausstieg aus den Flugzeugen mit der Selbstachtung Deutschlands zu vereinbaren sei. Verheugen hielt dem entgegen, die Selbstachtung eines demokratischen Rechtsstaates zeige sich vor allem in unbedingtem Respekt vor der Verfassung.

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