Autobauer kaufen Nokia-Kartendienst: Autonome Navigation vom Hersteller

Der Kartendienst Here bekommt drei neue Eigentümer: Audi, BMW und Daimler. Die wollen damit selbstfahrenden Autos den Weg ebnen.

Auto vor einem Hinweisschild, auf dem „Navi aus!“ steht

Nicht nur Navis, auch Analogbeschilderung ist zum rüden Befehlston befähigt. Foto: dpa

BERLIN taz | Drei deutsche Autohersteller sind ab dem kommenden Jahr im Besitz eines eigenen Kartendienstes. Wie Audi, BMW und Daimler gestern mitteilten, kaufen die Unternehmen den Kartendienst Here, der derzeit noch zum Telekommunikationskonzern Nokia gehört. 2,8 Milliarden Euro sollen dabei laut Nokia fließen. Als „entscheidenden Baustein für die Mobilität der Zukunft“ bezeichnete der Daimler-Vorsitzende Dieter Zetsche die Übernahme.

Für die Autoindustrie sind Kartendienste vor allem aus einem Grund interessant: Präzise Karten und Ortung sind die Voraussetzung für selbst fahrende Autos. Während heutige Navigationsgeräte ein Fahrzeug mitunter noch einige Meter neben seiner tatsächlichen Position verorten, Straßen nicht oder falsch eingezeichnet, Geschwindigkeitsbegrenzungen fehlerhaft und Baustellen nur mit Glück überhaupt berücksichtigt sind, sollte das bei selbst fahrenden Autos nicht passieren. Im Interesse der Hersteller ist es also, das Kartenmaterial selbst in der Hand zu haben, schnell auf Fehler reagieren und neue Versionen ausliefern zu können.

Die Hersteller erhoffen sich auch schon Effekte für aktuelle Autogenerationen. Voraussetzung dafür: Die Fahrer bekommen nicht nur Infos aus dem Kartenmaterial, sondern senden gleichzeitig welche zurück. „Unser Umfeld ändert sich ständig. Deswegen müssen auch die Informationen in digitalen Karten laufend aktualisiert werden, um den höchsten Nutzen zu bieten“, sagt Audi-Vorsitzender Rupert Stadler. So nennen die Hersteller etwa die Außentemperatur, die andere Fahrer in der Gegend vor Glatteis warnen könnte, oder aufkommende Staus. Sind in Karten etwa schwierige Kurven verzeichnet, könnten Assistenzsysteme die Fahrer unterstützen.

Doch die Hilfe hat einen Haken: „Mit jeder weiteren Stufe der Automatisierung gibt es mehr Überwachung“, sagt Marion Jungbluth vom Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv). Sie kritisiert, dass Kunden beim Autokauf nicht darüber aufgeklärt würden, welche Daten ein Fahrzeug speichere und versende. „Dabei muss es auch in Zukunft möglich sein, datenspurlos Auto zu fahren.“

Konkurrenz zu Apple und Google

Mit dem Kauf treten die Autohersteller in größere Konkurrenz zu US-Unternehmen, die sich in ähnlichen Bereichen betätigen. Denn auch Google und Apple haben Ambitionen im Pkw-Markt. So bieten beide Hersteller bereits die Integration ihrer Smartphone-Systeme ins Auto an. Darüber hinaus experimentiert Google seit einigen Jahren mit selbst fahrenden Autos.

Was Apple angeht, gab es zuletzt Spekulationen, weil eine zunehmende Einstellung von Auto-Experten darauf hindeutet, dass der Konzern an einem Elektroauto arbeitet. Angesichts der Marktmacht der Unternehmen sehen sich auch andere Autohersteller nach Alternativen um: Erst in der vergangenen Woche hatte Toyota angekündigt, künftig mit dem Navigationsspezialisten Telenav zu kooperieren.

Die Autohersteller waren nicht die einzigen Interessenten an Nokias Kartendienst: Auch das US-Unternehmen Uber, das unter anderem private Fahrer vermittelt und damit Taxis Konkurrenz macht, wurde als potenzieller Käufer gehandelt. Auch für Uber dürfte eine Kombination aus Kartendienst und selbst fahrenden Autos interessant sein. Denn einer der großen Kritikpunkte an dem Unternehmen sind derzeit die Arbeits- und Vertragsbedingungen für die Fahrer sowie die Haftung bei Unfällen.

Noch ist die Here-Übernahme allerdings nicht in trockenen Tüchern: Diverse Kartellbehörden müssen noch ihre Zustimmung geben – nicht nur in Deutschland, sondern unter anderem auch in Österreich den USA und Brasilien. Im ersten Quartal 2016 soll der Kauf abgeschlossen sein.

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