Australiens Wahlsieger Scott Morrison: Ein Meister der Parolen
Tiefgläubig, rücksichtslos und neoliberal, bis es kracht. Australiens neuer und alter Premier Scott Morrison darf nach der Wahl weitermachen.
Er habe schon immer an Wunder geglaubt – mit diesen Worten begrüßte Australiens konservativer Premierminister Scott Morrison am Samstagabend seinen gegen alle Prognosen errungenen Wahlsieg. Die Referenz zum Himmlischen ist kein Zufall. Der tiefgläubige 51-Jährige betet jeden Sonntag in einer Freikirche in seiner Heimatstadt Sydney. Das Streben nach materiellem Erfolg sei ein Dienst an Gott, so die frohe Botschaft.
Morrison wurde vor 51 Jahren in der Hafenstadt geboren, wo er auch die Schule absolvierte. Marketing wurde seine Berufung. Er war – und ist bis heute – ein Meister der Parolen. Als Chef von Tourism New Zealand war er 1989 an der Schaffung von „100 Per Cent Pure New Zealand“ beteiligt – einer der erfolgreichsten und langlebigsten Werbesprüche der Welt.
Später wurde er Vorsitzender der australischen Tourismusbehörde. Und wieder eine geniale Parole, die Urlauber anlocken sollte: „Where the bloody hell are you?“ – Wo zur Hölle bleibst du? Die grobe Aufforderung zum Besuch des Kontinents sorgte in wichtigen Märkten Asiens allerdings für Empörung und Konsternation. Morrison wurde nach einem Streit mit der zuständigen Ministerin gefeuert.
Schon zu dieser Zeit war der Manager politisch in allem, was er tat, rücksichtslos. Sein Engagement als Geldbeschaffer der Liberalen Partei war begleitet von Machtkämpfen. Nach einer Kampagne gegen einen Mitbewerber wurde Morrison schließlich Parlamentsmitglied.
Sowohl in der Opposition als auch später als Mitglied verschiedener Regierungen machte sich Morrison einen Namen als scharf kalkulierender Politiker, der es brillant versteht, an den tief im australischen Bewusstsein sitzenden Rassismus zu appellieren. Als 2010 vor der Küste ein Boot mit Asylsuchenden kenterte, kritisierte Morrison den Entscheid der Regierung, den Familienangehörigen der 48 Opfer die Reise zur Beerdigung in Sydney zu finanzieren.
Banken in Schutz genommen
2013 leitete Morrison als Immigrationsminister die komplette Blockade der australischen Grenze im Norden des Kontinents ein. Bootsflüchtlinge wurden abgefangen und auf der Insel Nauru im Pazifik interniert. Trotz unhaltbarer Zustände in den Lagern – humanitäre Organisationen sprechen von Folter – hält die Praxis bis heute an.
2015 wurde der ehrgeizige Politiker Finanzminister. In dieser Rolle wehrte er sich vehement gegen die Ernennung einer Untersuchungskommission zum Verhalten der Bankenindustrie. Seine Kritik, es handle sich dabei nur um „Populismus“, erwies sich als falsch: Banken mussten sich schwerste Verfehlungen im Umgang mit Kunden vorwerfen lassen.
Morrison machte aus seinen tiefen neoliberalen Ansichten nie einen Hehl. Weniger Regierung, weniger Staat; mehr Freiheit für den Einzelnen; weniger Hilfe für Bedürftige; Selbstverantwortung; Steuersenkungen für Unternehmen, aber keine Erhöhung der ohnehin mageren Sozialhilfe für Arbeitslose.
Morrisons Einstellung gegenüber den Randständigen der Gesellschaft führt immer wieder zur Kritik an seinem christlichen Glauben. Doch solche Bedenken scheinen Morrisons Wähler nicht zu kümmern. Auch nicht Vermutungen, dass er im vergangenen Jahr den brutalen parteiinternen Putsch gegen seinen Vorgänger Malcolm Turnbull, der ihn ins Amt des Regierungschefs brachte, wohl selbst orchestriert hatte.
Seit seinem wundersamen Sieg an der Wahlurne am Samstag ist Scott Morrison für viele Australier ein Held. Für viele andere aber bleibt er ein Manipulator, der weiß, wie man gute Parolen kreiert.
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