Ausstellung auf Berlins Edelmeile: Graffiti für die Shopper

Die Open-Air-Ausstellung „All we wrote“ zeigt Graffiti-Kunst auf dem Ku’damm. Eigentlich passt die einstige Untergrundkunst ganz gut dorthin.

Eine Frau sprüht auf eine Wand

Derzeit zu sehen nahe des Ku'damms: Graffiti der Künstlerin Ziza Foto: dpa

„Alles ist dabei. Adrenalin, Nervenkitzel, Gefahr“, schwärmte der Berliner Graffiti-Künstler Fino vor einigen Jahren noch über das Sprayen. Doch die Zeiten haben sich – und auch ihn – geändert: „Damals waren wir die Outcasts der Gesellschaft und wurden verfolgt und angefeindet. Heute zeigen wir unsere Kunst mitten auf dem Ku’damm!“

Fino hat die künstlerische Leitung der Ausstellung „All we wrote“ übernommen. Eine Ausstellung, die uns durch die Geschichte des Graffiti führt – eines der vier Elemente des HipHop, der vor etwa 50 Jahren in New York aufkam – und die uns daran erinnert, dass HipHop schon lange nicht mehr das ist, was er mal war.

„Mit Graffiti wollten die Künstler damals auf Missstände aufmerksam machen und auf sich selbst“, sagt Roland Prejawa, Geschäftsführer von Urban Contemporary, der das Projekt zusammen mit dem Künstler Baye Fall organisiert hat. Diesen Ursprung der Straßenkunst, die sich laut Prejawa später zu Street Art, Urban Art und Contemporary Art weiterentwickelt hat, will die Ausstellung zeigen. Sie ist eine Hommage an die Graffiti-Kunst.

Alles ganz legal

Und so sind die Wholetrains auf dem Grünstreifen auf dem Ku’damm gar keine besprayten Züge, sondern zwei Meter hohe Modelle aus Holz, die einen U-Bahn-Zug imitieren und daraufhin von Künst­le­r:in­nen aus New York, São Paulo, Amsterdam, Paris und Berlin besprüht wurden. Ein Graffiti zeigt einen Geldscheine-zählenden Ronald McDonald mit der Aufschrift: „We do it all 4 you all day long.“ Und der nächste McDonald’s ist ja auch nicht weit. „Ghetto Stars“ wurde auf einen anderen Holzkubus gesprayt, der inmitten der Westberliner Einkaufsmeile steht.

Der Ku’damm sei für die Ausstellung „die vielleicht passendste Location überhaupt“, heißt es in einer Pressemitteilung. Schließlich stünden die Exponate zwischen vielen Luxusmarken, „die vor allem in den vergangenen Jahren so oft von Graffiti und der HipHop-Kultur inspiriert worden sind“. Denn Graffiti ist nicht tot, Graffiti wurde gekauft, von Louis Vuitton und Dior. Und für „All we wrote“ von Boulevard Ku’damm, einem Zusammenschluss dortiger Kaufleute. So findet sich jetzt also Graffiti zwischen all den Boutiquen und Geschäften wieder. Nicht auf Häusern, Zügen oder Schaufenstern, sondern ganz sauber und fern von Vandalismus auf Holzwänden.

„Auch die Künstler haben sich weiterentwickelt“, sagt Prejawa und zeigt sich sehr zufrieden mit seiner Ausstellung. Es kämen viele Jugendliche und vermehrt Schulklassen, um sich die Ausstellung anzuschauen. „All we wrote“ ist bis zum 26. Juni auf dem Ku'damm zu sehen.

Es ist zugleich das Kick-Off der gleichnamigen Wanderausstellung, die weiter nach Paris, São Paulo und natürlich New York zieht. Merchandise von den Künst­le­r:in­nen gibt es im temporär aufgestellten PopUp-Store am Ku’damm 21. Hier starten auch jeden Tag kostenlose Führungen um 18 Uhr. Alternativ können QR-Codes an den jeweiligen Kunstobjekten gescannt werden und ein Film abgerufen werden, auf dem die Sprayer selbst diese vorstellen.

Echte Helden dabei

Zu den „Heros“ der Graffiti-Kunst, deren Werke man sich auf dem 1,2 Kilometer langen Grünstreifen zwischen Wittenbergplatz und Uhlandstraße anschauen kann, gehören unter anderem Quik, Loomit, Cope2 oder Nasty und Jake – richtige „Haudegen“ wie Prejawa sie nennt. Manche von ihnen seien tatsächlich noch am Rande der Illegalität unterwegs. Bei „All we wrote“ muss man sich aber keine Sorgen machen: Hier sind die Kunstwerke völlig legal ohne jegliches Adrenalin, Nerven­kitzel oder Gefahr zu genießen.

„All we wrote“ ist bis zum 26. Juni auf dem Ku’damm zu sehen

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