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Außenministerin in Kolumbien tritt abUntragbar für das Image Bogotás

Claudia Blum reagierte pampig auf die internationale Kritik an der Gewalt gegen die Proteste in ihrem Land. Nun tritt Kolumbiens Außenministerin zurück.

Protest in Bogotá: Seit Wochen gehen die Menschen gegen die kolumbianische Regierung auf die Straße Foto: Daniel Romero/imago

Berlin taz | Kolumbiens Außenministerin Claudia Blum ist zurückgetreten. Offenbar schon am Dienstag hatte sie in einem Schreiben an Präsident Ivan Duque diesen Schritt erklärt – aber erst am Donnerstag wurde der Brief von ihrem Büro veröffentlicht. Sie ist die zweite Ministerin, die seit Beginn der Proteste am 28. April zurücktritt: Bereits am 4. Mai war Finanzminister Alberto Carrasquilla gegangen, der jene Steuerreform erdacht hatte, die der Auslöser für die Proteste gewesen war.

Blum nennt in ihrem Schreiben keine Gründe für ihren Rücktritt. Doch ihre Amtsführung – aufs engste verwoben mit den extrem rechten Positionen des Präsidenten Duque – stand schon seit ihrem Amtsantritt im November 2019 in der Kritik. Den Ausschlag dürften jetzt ihre wenig diplomatischen Antworten auf die internationale Kritik an der Polizei- und Militärgewalt gegen die jüngste Protestwelle in Kolumbien gegeben haben.

Nachdem verschiedene internationale Institutionen und Regierungen ihre Sorge über die exzessive Gewalt gegen Protestierende ausgedrückt hatten, fand Blum keine überzeugende Antwort, sondern teilte im Gegenteil kräftig aus. So warf sie der UN-Hochkommissarin für Menschenrechte, Michelle Bachelet, und dem argentinischen Präsidenten Alberto Fernandez Einmischung in die inneren Angelegenheiten Kolumbiens vor und versuchte, die Protestbewegung in die Nähe der ehemaligen Farc-Guerilla zu rücken.

Auch vor Beginn der Massenproteste war Blum schon massiv kritisiert worden. Am 21. April hatte sie Kolumbien im UN-Sicherheitsrat vertreten, Thema waren die nicht enden wollenden Ermordungen ehemaliger Farc-Guerilleros, die im Rahmen des Friedensabkommens von 2016 die Waffen niedergelegt hatten. 276 Demobilisierte waren bis zu dem Zeitpunkt ermordet worden, dazu eine große Zahl „lideres sociales“, also Ver­tre­te­r*in­nen der Zivilgesellschaft, die sich für die Belange ihrer Communities einsetzen.

Viele sehen in ihr ein Bauernopfer

Statt die Situation ernst zu nehmen, verwies Blum auf die wenigen Dis­si­den­t*in­nen der ehemaligen Guerilla, die sich dem Friedensprozess verweigerten, die Waffen nie niedergelegt hatten oder erneut in den bewaffneten Kampf eingestiegen waren – und machte dafür genau jene verantwortlich, die sich wortwörtlich an den Friedensprozess gehalten und die Farc in eine politische Partei transformiert hatten.

Dafür erntete sie harsche Kritik: Mit Talking Points aus dem rechtsextremen Lager Kolumbiens könne man nicht auf der internationalen Bühne agieren, hieß es unisono.

Außenpolitisch hatte sich Kolumbien unter Duque und Blum in eine klare Konfrontationsstellung gebracht: als erklärter Unterstützer des US-Präsidenten Donald Trump und Verfechter einer Regime-Change-Strategie für das benachbarte Venezuela.

Der Regierungswechsel in Washington von Trump zu Joe Biden schwächte Duques Position in Lateinamerika. Aber statt zumindest den Ton zu verändern, blieb Blum auf dem internationalen Parkett bei harten Formulierungen direkt aus dem Wortschatz des Uribismo, der rechten Ideologie des früheren Präsidenten Alvaro Uribe. Dem war die 72-jährige Blum in ihrer Karriere eng verbunden: 2006 hatte er sie als Botschafterin für die Vereinten Nationen vereidigt. Angesichts der Massenproteste in Kolumbien und der internationalen Kritik wurde Blum jetzt untragbar.

Allerdings sehen viele kolumbianische Kom­men­ta­to­r*in­nen Blums Rücktritt auch als ein Bauernopfer – denn letztlich argumentierte Blum kaum anders als Präsident Duque selbst.

Blums Nachfolgerin wird Adreiana Mejía Hernández, bislang Vizeministerin für multilaterale Angelegenheiten, eine Karrierediplomatin, die seit 2006 im Außenministerium beschäftigt ist.

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