Ausreiseverbot für Assad-Gegner: Breitners Angst vor Rambos Rache
Schleswig-Holsteins Innenminister Andreas Breitner (SPD) will mutmaßliche Salafisten nicht mehr ausreisen lassen: Sie könnten in Syrien Bashir al-Assad bekämpfen.
KIEL taz | Mit Ausreiseverboten will Schleswig-Holstein verhindern, dass Salafisten aus Lübeck, Kiel und Pinneberg Deutschland verlassen. Mit einem entsprechenden Vorstoß hat Innenminister Andreas Breitner (SPD) für Aufsehen gesorgt. Als Grund benannte er den Verdacht, dass die insgesamt zwölf Betroffenen das Regime der Baath-Partei und die Terrortruppen von Hamas und Hisbollah in Syrien bekämpfen wollen. Es sei davon auszugehen, dass sie „radikalisiert und mit größerer Gewaltbereitschaft zurückkommen“. Das mache sie zur Gefahr.
Während die Deutsch-Syrische Gesellschaft, die als Assad-nah gilt, das Vorgehen Breitners begrüßte, ist er sonst vielfach auf Skepsis gestoßen: Eka von Kalben, die Fraktionsvorsitzende des grünen Koalitionspartners warnte vor Islam-Bashing. Und die Piraten rügten, dass „völlig unklar“ bleibe, nach welchen Kriterien die Betroffenen als Islamisten identifiziert wurden. Tatsächlich antwortet das Innenministerium auf die Frage, aus welchen Quellen die Einschätzung stamme, recht pampig, sie speise sich eben „aus Quellen“. Für einen so massiven Eingriff ins Grundrecht der allgemeinen Handlungsfreiheit ist das eine erbärmlich dünne Begründung.
Deutschland fördert alle
Mindestens ist Breitner mit dem Vorstoß aber geglückt, eine landespolitische Entsprechung für Deutschlands schizoide Haltung im Syrienkonflikt zu finden. Denn einerseits hat die Bundesrepublik im Jahr 2012 rund 650.000 Euro an oppositionelle Organisationen überwiesen und sich neben USA, Frankreich, Großbritannien und Saudi-Arabien in der Allianz der „Freunde Syriens“ eingereiht. Die hat jüngst in Katar beschlossen, Waffen an die syrische Opposition zu liefern und ihr militärisch beizustehen. Zugleich hat die Bundesrepublik aber nie aufgehört, auch das Regime zu unterstützen: Der im Mai im Bundestag vorgestellte Bericht zur Entwicklungspolitik führt „die arabische Republik Syrien“ als „Kooperationspartner mit bilateralen Länderprogrammen“ auf.
Und ausweislich des vergangene Woche im Kabinett eingereichten Haushaltsentwurfs soll sich daran auch 2014 nichts ändern: Geplant ist, mehrere Millionen in Deutschlands „Transformationspartnerschaft“ mit Syrien zu investieren, wobei die Zahlungen etwas verschämt mit der Afghanistanhilfe und „Nordafrika/Nahost“ in einem Global-Posten von „rund 240 Millionen“ zusammengezogen sind. Nicht enthalten ist darin die Hilfe für die Kriegsflüchtlinge.
„Ich begrüße sehr, wenn etwas gegen diese Salafisten unternommen wird“, bekommt Breitner Rückendeckung von Salem El-Hamid. Der ist Generalsekretär der nach ihren eigenen Angaben neutralen Deutsch-Syrischen Gesellschaft. „Es ist besser, als die Haltung zuvor“, so El-Hamid, auch wenn er kein Verständnis dafür hat, dass Salafisten in Deutschland überhaupt geduldet werden: „Die haben in diesem Land nix verloren.“ Er hält die syrische Opposition für komplett dschihadistisch unterwandert: „Die machen 90 Prozent davon aus“, es sei paradox, sie zu unterstützen. Das entspricht der Selbstdarstellung des Regimes – aber nicht nur: Dieses inszeniert sich laut einem Lagebericht der Stiftung Wissenschaft und Politik, „als Zielscheibe“ einer „durch Israel und pro-westliche arabische Staaten“ verfolgten Strategie. Diese bestehe darin, mithilfe von „fundamentalistisch-islamischen Terroristen“ die Achse von Iran, Syrien, Hisbollah und Hamas zu zerstören. Allerdings, sei auch in Wirklichkeit „der Anteil der Kämpfer mit salafistischer bzw. dschihadistischer Orientierung gestiegen“, so die Autoren der Studie, Muriel Asseburg und Heiko Wimmen weiter, und als problematisch zu bewerten sei das zunehmende Einsickern ausländischer Dschihadisten nach Syrien.
Minister spielt den harten
Über die Lage in Syrien hat man sich in Kiel allerdings ohnehin keine näheren Gedanken gemacht: „Das ist nicht Aufgabe des schleswig-holsteinischen Innenministeriums“, belehrt dessen Sprecher. Entsprechend dünn ist auch die Faktenlage, aus der sich die Gefahren-Hypothese ableitet: Es sei eine „auf Erkenntnisse gestützte realistische Annahme“, wertet Giebeler. Immerhin illustriert er’s nicht mit dem Beispiel John J. Rambo. Aber ins Nachbarland Dänemark muss er dann schon ausweichen: Da sei doch 2010 der Karikaturist Kurt Westergaard attackiert worden – „durch einen Rückkehrer“. Zwar kam der weder aus dem Bürgerkrieg, noch aus Syrien. Aber wenn kümmert das, wenn die Gefahr da ist.
Er halte die ganze Aktion „eher für Sommertheater“, so Grünen-Innenpolitiker Burkhard Peters. „Es geht darum, in der nachrichtenarmen Zeit ein wenig innenministerielle Härte zu zeigen.“
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