Ausnahmezustand in der Türkei: Grundrechte eingeschränkt

Der Ausnahmezustand gibt Erdoğan in etwa die Befugnisse, die er mit dem angestrebten Präsidialsystem auf Dauer hätte.

Der türkische Präsident Erdogan vor drei Türkei-Fahnen

L'état, c'est il: Erdogan kann jetzt durchregieren Foto: reuters

ISTANBUL taz | Der Ausnahmezustand in der Türkei wurde nach Artikel 120 der Verfassung verhängt. Als Grundlage dafür nennt diese „weite Gewaltakte zur Zerstörung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung“. Diese sieht Präsident Erdoğan durch den Putschversuch vom 15. Juli, der nach Meinung der Regierung nach wie vor nicht zu Ende ist, gegeben.

Der jetzt verhängte Ausnahmezustand soll für drei Monate gelten. Der stellvertretende Ministerpräsident und Regierungssprecher Numan Kurtulmuş sagte am Donnerstag, die Regierung gehe aber davon aus, bereits nach 45 Tagen wieder zur Normalität zurückkehren zu können.

Wichtigster Punkt für Erdoğan ist, dass er nun per Dekret durchregieren kann. Die Dekrete erlangen sofort Gesetzeskraft, werden später vom Parlament mit einfacher Mehrheit bestätigt und können nicht vor dem Verfassungsgericht angefochten werden. Damit hat Erdoğan in etwa die Machtfülle, die er mit seinem Präsidialsystem auf Dauer anstrebt.

Während des Ausnahmezustands können nach Artikel 15 Grundrechte eingeschränkt oder ausgesetzt werden. Dazu gehören insbesondere die Versammlungsfreiheit – keine oppositionellen Demonstrationen mehr –, die Unversehrtheit der Wohnung – es können jederzeit Hausdurchsuchungen ohne richterlichen Beschluss durchgeführt werden –, die Pressefreiheit – Zeitungen und Rundfunk können geschlossen oder zensiert werden – und die Bewegungsfreiheit. Aus- oder Einreise können verboten oder eingeschränkt werden, was schon jetzt bei bestimmten Gruppen geschieht.

Der Ausnahmezustand ist weniger restriktiv als das Kriegsrecht und wird auch nicht vom Militär, sondern von zivilen ­Provinzgouverneuren durchgesetzt.

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