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Ausländerfeindlichkeit in SüdafrikaGesundheit nur für Einheimische

In Südafrika verwehren rechte Aktivisten afrikanischen Ausländern den Zutritt zum Gesundheitswesen. Besonders im Visier: Menschen aus Simbabwe.

Aktivisten der Gruppe „March and March“ kontrollieren am 4. Juli 2025 vor dem Addington-Krankenhaus in Durban Ausweispapiere Foto: Rahesh Jantilal/afp

Johannesburg taz | Vergangene Woche gab es am Addington-Krankenhaus im südafrikanischen Durban schwere Zusammenstöße. Die Polizei und mutmaßliche Ausländer, vor allem Somalier und Nigerianer, gerieten aneinander, Schusswaffen kamen zum Einsatz.

„Diese Leute haben Nerven“, ärgerte sich die ausländerfeindliche Aktivistin Khanyi Monyane. „Sie protestieren in einem fremden Land.“ Monyane gehört zur Aktionsgruppe Dudula, die derzeit wieder verstärkt dafür agitiert, afrikanischen Migranten den Zugang zum staatlichen Gesundheitssystem in Südafrika zu verwehren. Sie „reparieren das Land“, sagen diese Aktivisten von sich selbst.

Migranten berichten davon, wie diese Art von Konfrontation sie krank macht. „Ich bin wegen einer chronischen Erkrankung in Behandlung und meine Tochter kriegt ihre Grippeschutzimpfung nicht, weil wir uns nicht ausweisen können“, sagt eine in Simbabwe geborene Mutter vor der Hillbrow-Klinik in Johannesburg. „Man sagt uns, wir müssen zu einer Privatklinik gehen oder zurück nach Hause. Ich habe für beides kein Geld.“

In einer Klinik in Pretoria wurde eine Hochschwangere beschimpft und hinausgeworfen. Im Juni ging ein Video viral, wie Aktivistin eine mit ihren Kindern auf der Straße bettelnde Mutter konfrontieren und ihr sagen, sie solle „zu Mnangagwa zurückgehen“. Emmerson Mnangagwa ist der Präsident von Simbabwe.

Ein rechter Gesundheitsminister

Die Idee, dass nur südafrikanische Staatsbürger die öffentliche Gesundheitsversorgung in Südafrika in Anspruch nehmen dürfen, gewinnt an Zuspruch in Zeiten der Wirtschaftskrise. Das weckt Erinnerungen an die tödlichen fremdenfeindlichen Unruhen im Jahr 2008, die über 60 Tote forderten.

In Südafrikas Koalitionsregierung, die der ANC nach dem Verlust der absoluten Mehrheit bei den Wahlen 2024 zusammenstellte, wird das Gesundheitsministerium von einem Politiker der rechtspopulistischen Partei PA (Patriotic Action) geführt.

PA-Aktivisten stehen jetzt an vorderster Front, wenn Aktivisten Eingänge zu Gesundheitseinrichtungen blockieren, um Ausländern den Zutritt zu verwehren.

Auch Aktivisten der Partei ActionSA des früheren Bürgermeisters von Johannesburg, Herman Mashaba, sind beteiligt. Zum von früheren Kam­pagnen bekanntgewordenen Namen „Operation Dudula“ gesellt sich dabei eine neue Bewegung namens „March and March“.

Kritiker sprechen von „Afrophobie“. Die Kampagne operiert vor allem in verarmten Stadtteilen der großen Metropolen Johannesburg und Durban, wo die Konkurrenz um Einkommen und Dienstleistungen sehr hart ist. Gebiete mit vielen Weißen oder Menschen asiatischen Ursprungs, etwa Kapstadt, bleiben bisher verschont.

Das Recht auf allgemeinen Zugang zu Gesundheitseinrichtungen ist in Artikel 27.1 der südafrikanischen Verfassung verankert. „Dieses Recht steht nicht unter Vorbehalt der Nationalität oder des Aufenthaltsstatus“, hat die Regierung klargestellt. „Menschen auf Grundlage ihrer Herkunft Gesundheitsversorgung zu verweigern, ist ein Verstoß gegen unsere Gesetze und Werte als Nation.“

Knappe Aidsmedikamente

Die Ausländerfeindlichkeit nährt sich aus dem Frust vieler Südafrikaner aufgrund des Mangels an Arbeitsplätzen und der zunehmenden Überlastung staatlicher Dienstleistungen, während zugleich wieder mehr Migranten aus Simbabwe ins Land kommen.

Südafrika zählt mehr HIV/Aids-Positive als jedes andere Land der Welt, rund acht Millionen. Die Einstellung der US-Hilfsprogramme hat zu Spannungen geführt. Es gibt den Vorwurf, Simbabwer würden kostbare antiretrovirale Aidsmedikamente in Südafrika horten und über die Grenze nach Simbabwe schmuggeln, wo die Versorgung schlechter ist.

Südafrikas Regierung hat gesagt, gegen Rechtsbrüche und Selbstjustiz müsse „null Toleranz“ gelten. Doch die ausländerfeindlichen Aktivisten lassen nicht locker. Zandile Dabula, Anführerin von „Operation Dudula“, hat einen Großaufmarsch in Johannesburg für den 17. Juli angekündigt, der sich gegen Südafrikas Menschenrechtskommission und Menschenrechtsgruppen richten werde.

„Operation Dudula wird dafür sorgen, dass ihr dichtmacht“, drohte Zandile Dabula. „Ihr seid ein Problem für patriotische Südafrikaner.“

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