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Ausländer in der U1 angegriffen und angepöbelt

■ Jugendgruppe terrorisierte einen Ausländer/ Ehepaar verhinderte Schlimmeres

Berlin. Der Mut eines Ehepaares hat in der Nacht von Dienstag einem Ausländer die Flucht vor offenbar ausländerfeindlichen Jugendlichen ermöglicht. Der Vorfall ereignete sich kurz nach halb elf Uhr in der U-Bahn-Linie 1 zwischen Kurfürstenstraße und Nollendorfplatz. Nach Darstellung der Polizei hätten mehrere Jugendliche einen Ausländer, dessen Herkunft nicht bekannt ist, angepöbelt, mit Bier bespritzt und geschlagen. Das Ehepaar habe daraufhin die Täter angeschrien und gedroht, die Notbremse zu ziehen. Als der Zug am Nollendorfplatz hielt, informierte das Paar den BVG-Sicherheitsdienst IHS.

Wie der Einsatzleiter der IHS, Manfred Fleck, gestern gegenüber der taz erklärte, habe eine Frau um 22.41 Uhr eine Streife, die sich im Obergeschoß der Station aufhielt, darauf hingewiesen, daß im Untergeschoß „jemand mit dem Kopf gegen die Scheibe geschlagen wird“. Kurz darauf sei eine Gruppe von fünf Jugendlichen die Treppe heraufgekommen. Einen der Täter habe die Frau sofort erkannt. Die Jugendlichen seien umgehend wegen Körperverletzung festgenommen worden. Nach einer Rangelei sei es dem mutmaßlichen Täter jedoch gelungen zu entkommen. Zusammen mit einer zweiten Streife konnte nach Flecks Schilderung der Jugendliche im Untergeschoß wieder in Gewahrsam genommen werden. Als dieser in einen Zugabfertigungsraum gebracht wurde, habe ein zweiter Jugendlicher aus der Gruppe gegen die Scheiben getreten. Eine Scheibe sei dabei zu Bruch gegangen, eine zweite beschädigt worden. Ein IHS-Beamter habe bei dem Vorfall einen Zahn verloren.

Die Polizei, die von der IHS um 22.50 Uhr informiert wurde, sah sich bei ihrer Ankunft rund 50 Jugendlichen gegenüber. Wie ein Polizeisprecher betonte, habe es sich überwiegend um Schaulustige gehandelt, die offenbar aus dem nahegelegenen „Metropol“ kamen. Dort fand am Dienstag abend ein Rockkonzert statt.

Offenbar in Unkenntnis der Gründe, die zur Verhaftung des Täters führten, sind nach Angaben der Polizei einige Jugendliche gegen die Beamten vorgegangen. Drei Polizisten seien bei der Räumung der Station verletzt worden.

Neben dem mutmaßlichen Täter Boris R. (20) aus Neukölln wurden drei Beteiligte, darunter ein 21jähriges Mädchen aus Kreuzberg, vorübergehend festgenommen. Wie IHS-Einsatzleiter Fleck erklärte, sei die Jugendgruppe seinen Mitarbeitern seit längerem bekannt. Diese habe an der U-Bahn- Station Wutzkyallee in Rudow ihren Treffpunkt. Zu den Motiven der Täter konnte die Polizei gestern nichts sagen. Vom angegriffenen Ausländer fehlt jede Spur, da er die Fahrt in der U1 fortsetzte. Severin Weiland

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