Ausländer arbeiten in Deutschland: Wie Europäer Deutschland bereichern
Millionen von Menschen aus anderen EU-Ländern arbeiten hierzulande. Sie kurbeln die Wirtschaft an und sind zu wenige, um die Nachfrage zu stillen.
Als am 1. Mai 2004 Polen, Tschechien, Ungarn und weitere sieben Staaten der EU beitraten, waren die Sorgen in der Bevölkerung groß: Wegen der neuen Freizügigkeit würden Ausländer Deutschen massenweise die Arbeit wegnehmen. Neue Zahlen zeigen: Es kamen tatsächlich Millionen von Menschen – doch Deutschland profitiert davon.
Wegen der Sorgen der Bevölkerung reagierte die Politik, die neuen EU-Bürger*innen durften erst seit Mai 2011 ohne Arbeitserlaubnis in Deutschland einen Job annehmen, Menschen aus Rumänien und Bulgarien erst seit 2014.
Seitdem hat die Zuwanderung aus anderen EU-Ländern zu zusätzlichem Wirtschaftswachstum geführt. „Die Besetzung von Stellen durch Zuwanderer erhöht die gesamtwirtschaftliche Beschäftigung und führt zu einer zusätzlichen Konsumnachfrage“, heißt es in einer am Mittwoch in Berlin vorgestellten Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW). Das Bruttoinlandsprodukt sei deshalb in den Jahren 2011 bis 2016 durchschnittlich 0,2 Prozentpunkte pro Jahr gestiegen, zum Höhepunkt der Zuwanderung im Jahr 2015 sogar um 0,3 Prozentpunkte.
Der Studie zufolge kamen seit 2011 jährlich im Schnitt rund 720.000 Bürger aus anderen EU-Ländern nach Deutschland, also über fünf Millionen Menschen. Wegzüge sind dabei nicht abgezogen. So sind 2017 laut dem Mediendienst Integration zwar rund 635.000 Menschen aus einem EU-Mitgliedsland nach Deutschland gekommen, allerdings auch 378.000 wieder gegangen.
Jung und gut qualifiziert
Laut DIW sind die meisten der EU-Zuwanderer jung und gut qualifiziert. Besonders wegen der Wirtschaftskrisen in Spanien, Italien und Griechenland suchten viele ihr Glück in Deutschland. Die Zuwanderer arbeiten häufiger als die Alteingesessenen: Die Erwerbsquote von Bürger*innen aus der EU liegt bei 74,6, bei Deutschen bei 70,6 Prozent.
Zahlen der Bundesagentur für Arbeit zeigen auch, dass die Zugezogenen mitnichten Menschen hierzulande die Arbeit wegnehmen. Im Gegenteil, sie erhöhen den Konsum und schaffen dadurch sogar Jobs. Mittlerweile sind 3,7 Millionen Menschen aus dem Ausland, inklusive der nicht-EU-Länder, sozialversicherungspflichtig beschäftigt, 2011 waren es noch 1,9 Millionen.
Im gleichen Zeitraum stieg der Zahl der versicherten Jobs für Deutsche um 2,5 Millionen auf 29,8 Millionen. Die Arbeitslosigkeit ist nach neuesten Zahlen unter 5 Prozent gefallen, der tiefste Stand seit der Wiedervereinigung. Zu viele offene Stellen gelten mittlerweile als Wachstumshemmnis. Vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels fordert das DIW, Qualifikationen aus anderen Ländern schneller anzuerkennen. (mit ap, dpa)
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Israel, Nan Goldin und die Linke
Politische Spiritualität?
Matheleistungen an Grundschulen
Ein Viertel kann nicht richtig rechnen
Innenminister zur Migrationspolitik
Härter, immer härter
Nikotinbeutel Snus
Wie ein Pflaster – aber mit Style
Prozess gegen Letzte Generation
Wie die Hoffnung auf Klimaschutz stirbt
Börsen-Rekordhoch
Der DAX ist nicht alles