Ausgewiesener Student: David Missal muss China verlassen
Dem Journalistik-Studenten David Missal wurde das Visum verkürzt. Zuvor hatte er einen Film über einen Menschenrechtsanwalt gedreht.
Das brachte Polizisten dazu, ihn für Stunden auf einer Wache zu befragen – dann konnte er wieder gehen. Doch kurze Zeit später entschieden chinesische Behörden, sein Studentenvisum zu verkürzen. Eigentlich wollte Missal drei Jahre in Peking studieren, doch Anfang letzter Woche musste Missal zurück nach Hause, nach Osnabrück – zwei Jahre vor Ende seines Studiums.
Die Institutsleitung habe ihm vorab mehrfach gesagt, dass sie nicht glücklich mit seinem Projekt sei. Von der Recherche abgehalten haben sie ihn nicht. „Mir war klar, dass das Thema sensibel ist und ich aufpassen muss, aber dass mir das Visum entzogen wird, hätte ich nicht gedacht“, sagt Missal gegenüber der taz.
Missal, der Sinologie in Berlin studierte und seine Bachelorarbeit über Chinas Steuerreform schrieb, wollte sich in dem Filmseminar auch mal mit den „nicht so positiven“ Aspekten des Landes befassen. Herausgekommen ist der zehnminütiger Filmessay „Lawyer Lin“, dessen Klickzahlen auf YouTube in den letzten Tagen von zwei- auf fünfstellig angewachsen sind. Ein kleiner Trost dafür, dass Missal möglicherweise nie wieder nach China einreisen darf. Dabei ist sein gesamter akademischer Werdegang ein Versuch, die Volksrepublik besser zu verstehen.
Sich als Deutscher für das Journalismusstudium ausgerechnet ein Land auszusuchen, das auf der Rangliste der Pressefreiheit laut Reporter ohne Grenzen Platz 176 von 180 belegt, ist bezeichnend. Obwohl er das als ausländischer Student nicht muss, belegte er „Marxistische Journalismustheorie“, ein Seminar „auf Parteilinie“, das für chinesische Studenten Pflicht ist. „Ich wollte durch den Master herausfinden, ob die Journalistenausbildung komplett anders ist oder ob es auch Parallelen gibt zu westlichen Ländern“, sagt Missal.
Die Antwort hat er jetzt. Doch für Missal steht fest: „Ich würde den Film wieder drehen.“ Er hofft trotzdem, irgendwann wieder einreisen zu dürfen. Wo er sein Studium fortsetzt, weiß er noch nicht genau. Vielleicht Berlin. „Vielleicht aber auch Hongkong oder Taiwan.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Müntefering und die K-Frage bei der SPD
Pistorius statt Scholz!
Kampf gegen die Klimakrise
Eine Hoffnung, die nicht glitzert
Krieg in der Ukraine
Biden erlaubt Raketenangriffe mit größerer Reichweite
Unterwanderung der Bauernproteste
Alles, was rechts ist
Die Brennelementefabrik und Rosatom
Soll Lingen Außenstelle von Moskaus Atomindustrie werden?
Rentner beleidigt Habeck
Beleidigung hat Grenzen