Ausgangssperre im Westjordanland: Strafen für Proteste gegen Mauerbau
Die Israelische Armee stellt ein widerspenstiges Dorf im Westjordanland unter Ausgangssperre. Dort wird täglich demonstriert.
JERUSALEM taz Das kaum fünftausend Seelen beherbergende palästinensische Dorf Naalin im Westjordanland steht seit Anfang der Woche unter Ausgangssperre. Grund dafür sind laut israelischem Militärsprecher die täglichen Protestaktionen gegen den Bau an den Trennanlagen, die Israel westlich von Ramallah zum Schutz gegen Terroristen auf dem Land der Bauern Naalins errichten lässt. Die Demonstrationen, an denen sich die gesamte Gemeinde beteiligt, erinnern an die erste Intifada, als die palästinensischen Männer und Frauen im schlimmsten Fall mit Steinen gegen die Besatzungstruppen vorgingen.
"Was hier passiert, ist ein wirklicher Volksaufstand", sagt Jamal Juma, der die Protestaktionen mithilfe solidarischer internationaler und israelischer Organisationen koordiniert. "Die Leute ziehen fast jeden Tag, mal früh am Morgen, mal abends, zusammen los", um gegen die Bauarbeiten zu demonstrieren. Dabei wollen sie allerdings nicht ganz auf Gewalt verzichten, wie es die Demonstranten gegen die Landenteignung in dem wenige Kilometer nördlicher gelegenen Ort Bilin seit Jahren tun.
Sechs Bulldozer, zwei Jeeps und ein Lastwagen, berichten die Leute von Naalin stolz, wurden bislang so stark beschädigt, dass sie nicht mehr einsatzbereit waren. Die Steinwürfe und Sabotageakte bieten der israelischen Armee andererseits eine Rechtfertigung für ihre zum Teil drastischen Gegenmaßnahmen, etwa Razzien und den Einsatz von Tränengas und mit Gummi umhüllten Gewehrgeschossen. Die "am Sonntag verhängte Ausgangssperre", so ein Militärsprecher, soll "die seit zwei Monaten andauernde Gewalt eindämmen". Unter dem "massiven Steinbewurf" seien bislang 8 Grenzpolizisten und Soldaten sowie 2 Arbeiter verletzt worden.
Nach Informationen der internationalen Organisation "Stop the Wall", haben die in der Mehrheit Obst und Oliven anbauenden Menschen in Naalin schon 80 Hektar ihres Landes verloren, als drei jüdische Siedlungen und die Zufahrtsstraßen dorthin auf ihrem Gebiet gebaut wurden. Für die Errichtung der Trennanlagen und eines neuen Armeelagers sollen laut "Stop the Wall" weitere 25 Hektar des Landes konfisziert werden. Die Armee kündigte an, die Olivenbäume umzupflanzen. Die Bauern fürchten jedoch, dass dann nur noch wenige Bäume Früchte tragen werden. Vor allem ältere Bäume könnten eine Umpflanzung zu dieser Jahreszeit nicht überleben.
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