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Ausgabe von WaffenscheinenDeutschland knallt sich ab

Von 261.332 auf fast 600.000 ist seit 2014 die Anzahl der sogenannten Kleinen Waffenscheine in Deutschland gestiegen. Alle Bundesländer sind betroffen.

Durchgeknallt: Waffenscheine sind derzeit sehr begehrt Foto: dpa

Hannover/Berlin epd | Die Zahl der Kleinen Waffenscheine ist seit 2014 bundesweit um mehr als das Doppelte gestiegen. Das ist das Ergebnis einer Umfrage des RedaktionsNetzwerks Deutschland bei den Innenministerien aller 16 Bundesländer. Gab es 2014 noch 261.332 Kleine Waffenscheine, so waren es Ende Oktober 2018 bereits 599.940. Bundesweit entspricht dies einem Zuwachs von rund 130 Prozent. Der Anstieg betrifft alle Länder.

Wer einen Kleinen Waffenschein besitzt, darf Schreckschuss-, Reizstoff- und Signalwaffen bei sich haben, aber nur im Notfall damit schießen. Voraussetzung für die Erteilung ist, dass der Bewerber oder die Bewerberin volljährig ist sowie persönlich geeignet und zuverlässig erscheint. Scharfe Waffen sind in Deutschland nicht ohne weiteres zugänglich.

In Nordrhein-Westfalen stieg die Zahl der Kleinen Waffenscheine zum Beispiel von rund 65.000 im Jahr 2014 auf rund 154.000 im Jahr 2018, in Niedersachsen von rund 24.000 auf rund 59.000, in Berlin von knapp 9.000 auf annähernd 19.000.

Der Vizevorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Jörg Radek, zeigte sich angesichts der neuen Zahlen alarmiert. „Wir müssen aufpassen, dass wir in Deutschland keine amerikanischen Verhältnisse bekommen“, sagte er dem RedaktionsNetzwerk Deutschland.

Die innenpolitische Sprecherin der Grünen- Bundestagsfraktion, Irene Mihalic, warnte vor einem Sicherheitsrisiko. „Mehr private Waffen schaffen nicht mehr Sicherheit – im Gegenteil“, sagte die Politikerin. Das Gewaltmonopol liege beim Staat. Daran dürfe es keine Zweifel geben.

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5 Kommentare

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  • Die Dynamik in diesem Lande in den letzten Jahren beunruhigt immer mehr.



    Die AfD zieht in Bundestag und Landesparlamente ein. Paranoia vor islamistischem Terror. Angst vor "kriminellen Flüchtlingen". Heute hätte der ultra-konservative Friedrich Merz fast den Parteivorsitz der CDU erhalten, und jetzt wollen alle auch noch schießen dürfen. Mache ich mir unbegründet Sorgen?

  • Man darf den Scheiß mit sich rumschleppen, aber NATÜRLICH nur im NOTFALL bemutzten. Ja genau und der Typ mit dem weißen Haaren am Kinn war gestern da.



    Wenn man schon drittgrößter Waffenschieber auf dem Planeten ist, dann kann man ja auch mit seinen eigenn idioten Geld machen ne, konsequent "Gedacht"

  • Leider doch: Scharfe Waffen sind in Deutschland relativ leicht zu bekommen, ganz legal. Einfach ein Jahr Mitglied im Schützenverein sein oder einen Jagdschein machen. Hier traut sich die Politik nicht ran. Der kleine Waffenschein ist dagegen eine Lapalie.

    • @Peer:

      Eine echte Schusswaffe als Vereinsmitglied zu besitzen (lediglich mit einem „waffenbesitzschein“) ist etwas anderes als diese (auch noch verdeckt) in der Öffentlichkeit führen zu können oder zu dürfen. Die Zahl der tatsächlichen „Waffenscheine“ die eben dies erlauben ist absolut nicht explodiert und als Normalbürger (auch im Schützenverein) bekommt man fast nie die Erlaubnis scharfe Waffen in der Öffentlichkeit führen zu dürfen.



      Mich beruhigt es sehr, dass die Deutschen lieber Reizgas-Spielzeugwaffen rumschleppen und sich damit toll vorkommen („peng, peng du bist tot, jetzt musst du umfallen lieber angreifer“), als dass sie sich wirklich (lebens)gefährlich mit Messern und Totschlägern bewaffnen. Eine Schreckschusspistole ist gegenüber einem wirklich aggressiven, körperlich überlegenen, Gegner nur für eines gut: Sie wird dem Verteidiger nach falscher Anwendung abgenommen und dann wird er damit verdroschen und bekommt selbst eine Ladung ins Gesicht verpasst. Schreckschusswaffen sind Blödsinn, da eher ungefährlich. Im Gegenteil, sie sind vor allem für den Träger gefährlich weil sie zu falschem verhalten (sinnlose Drohgebärden statt Flucht) verführen.

  • „Wir müssen aufpassen, dass wir in Deutschland keine amerikanischen Verhältnisse bekommen“, sagte [Jörg Radek] dem RedaktionsNetzwerk Deutschland.

    Inwiefern führt denn ein Anstieg der Führungsberechtigungen(!) zu "amerikanischen Verhältnissen"? Eigentlich ist doch vielmehr das Gegenteil der Fall: mehr Schreckschusswaffenbesitzer*innen sind nun in Deutschland registriert, im Gegensatz zu den USA, wo scharfe(!!!) Schusswaffen ohne Registrierung mit Erreichen der Volljährigkeit erworben werden (dürfen). In der BRD gibt es also mehr Kontrolle über Menschen mit weniger gefährlichen Schusswaffen. Das sind doch nicht mal annähernd vergleichbare Umstände.

    Ob es andererseits sinnig ist, den Erwerb des "Kleinen Waffenscheins" derart einfach zu gestalten oder ob Besitz und Führung von Schreckschusswaffen überhaupt in irgendeiner Weise legal sein sollten steht auf einem völlig anderen Blatt. Das kann und sollte natürlich kritisch hinterfragt und diskutiert werden. Aber mit den USA, und noch viel weniger mit Amerika im Allgemeinen, hat das absolut nichts zu tun.