Ausbeutung von Pflegekräften: Die Vermittler kassieren ab
Oft sind Firmen, die Pflegerinnen beschaffen, arbeitsrechtlich nicht zu belangen. Die osteuropäischen Beschäftigten leiden unter zu langer Arbeitszeit und nächtlicher Bereitschaft.
![](https://taz.de/picture/217365/14/ALTRENW3.jpg)
BERLIN taz | Gute-Wesen.de, Seniorcare24.de oder Seniorenbetreuung24h.eu – im Internet werben unzählige Vermittlerfirmen mit einer Rund-um-die-Uhr-Betreuung von Angehörigen durch osteuropäische Pflegekräfte. Und das unschlagbar günstig ab 1.200 Euro monatlich.
Firmen in Deutschland kassieren für die Vermittlung einer Pflegehilfe von den Familien meist eine einmalige Gebühr zwischen 300 und 1.000 Euro, manchmal aber auch monatliche Beiträge. Die Arbeitskräfte selbst werden dann von Unternehmen mit Sitz in Osteuropa nach Deutschland entsandt. Diese stellen auch den Arbeitsvertrag aus.
Trotzdem sind die Vermittler auf deutschem Boden oft der erste Ansprechpartner für die Familien. Die Firmen geben den Pflegerinnen oft Anweisungen, sind aber, da sie mit ihnen keinen Vertrag geschlossen haben, für arbeitsrechtliche Fragen nicht haftbar zu machen.
Das ist nicht zuletzt bei der Arbeitszeit ein Problem. Tagsüber 14 Stunden arbeiten, nachts immer bereit sein und bei häufig anfallenden Toilettengängen helfen – viele Pflegebedürftige müssen rund um die Uhr betreut werden. Tatsächlich gilt für osteuropäische Pflegekräfte in Privathaushalten nicht einmal auf dem Papier das deutsche Arbeitszeitgesetz.
Acht Stunden wären der Regelfall
Es schreibt im Regelfall eine Arbeitszeit von acht Stunden und danach eine Ruhezeit von mindestens elf Stunden vor. Dass gelte im Grundsatz auch für entsandte Arbeitnehmer. Doch für Pflegekräfte in Privathaushalten gibt es Einschränkungen, hat die Bundesregierung in einer Antwort auf die Anfrage der Linkspartei kürzlich bestätigt.
Die Regierung verweist auf Paragraf 18 des Regelwerks. Der besagt, dass das Gesetz nicht greift für Arbeitnehmer, die „in häuslicher Gemeinschaft mit den ihnen anvertrauten Personen zusammenleben und sie eigenverantwortlich erziehen, pflegen oder betreuen“.
Gerichte müssten in strittigen Einzelfällen über die Arbeitszeit entscheiden, heißt es aus dem Bundesarbeitsministerium. Doch kaum eine der Frauen, die immer wieder nur ein paar Monate in Deutschland arbeiten, wird hier einen Prozess anstrengen.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Kanzler Olaf Scholz über Bundestagswahl
„Es darf keine Mehrheit von Union und AfD geben“
Weltpolitik in Zeiten von Donald Trump
Schlechte Deals zu machen will gelernt sein
Einführung einer Milliardärssteuer
Lobbyarbeit gegen Steuergerechtigkeit
Wahlarena und TV-Quadrell
Sind Bürger die besseren Journalisten?
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Trump macht Selenskyj für Andauern des Kriegs verantwortlich
Werben um Wechselwähler*innen
Grüne entdecken Gefahr von Links