Ausbaggerung der Elbe: Die zweite Elbphilharmonie
Die Kosten für die Ausbaggerung der Fahrrinne explodieren. Senat lehnt neue Kostenberechnungen ab, obwohl Landesrechnungshof das für notwendig hält.
HAMBURG taz | Eine völlig neue Wirtschaftlichkeitsberechnung für die geplante Elbvertiefung hat der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) gefordert. Grund sind Berechnungen der Grünen in der Hamburger Bürgerschaft, wonach die Ausbaggerung der Fahrrinne zwischen dem Hamburger Hafen und der Nordsee deutlich teurer würde als bisher veranschlagt. Auch hat Hamburgs Wirtschaftssenator Frank Horch (parteilos) eingeräumt, dass "die Kosten gestiegen" seien, ohne eine konkrete Zahl zu nennen.
Deshalb müsse nun nach den Regeln der Hamburger Haushaltsordnung das Vorhaben neu berechnet werden, findet Hamburgs BUND-Chef Manfred Braasch und beruft sich auf eine Auskunft des Landesrechnungshofes. Der hat auf eine Anfrage von Braasch die Auskunft erteilt, dass "Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen und Folgekostenabschätzungen zu aktualisieren" seien, "wenn sich wesentliche Randbedingungen ändern". Und das sei der Fall, so der BUND.
Denn das ursprünglich auf 180 Millionen Euro geschätzte Projekt wird inzwischen offiziell auf 385 Millionen Euro veranschlagt. Davon würde Hamburg 137 Millionen zu zahlen haben, fast zwei Drittel trägt der Bund. Die Fahrrinne der Unterelbe soll um einen Meter vertieft werden. Dadurch soll ein tideabhängiger Tiefgang von 14,50 Metern gewährleistet werden.
Nach neuesten Berechnungen der Grünen könnte die Vertiefung sogar bis zu 600 Millionen Euro kosten - gut das Dreifache der ersten Berechnung. Die Gründe liegen in der Finanzierung zusätzlicher ökologischer Ausgleichsflächen sowie weiterer Deichbaumaßnahmen. Damit würden sich die Kosten auf "mindestens 519 Millionen Euro erhöhen", hat der grüne Wirtschaftspolitiker Anjes Tjarks errechnet.
Hinzu käme noch die allgemeine Preissteigerung. Denn die Angaben des Senats beruhen auf einer Nutzen-Kosten-Untersuchung von 2004. Diese sieben Jahre alten Zahlen hält der Senat, so seine Antwort auf eine schriftliche Anfrage von Tjarks, "nach wie vor für tragfähig", der Grüne hingegen findet sie "veraltet und nicht belastbar". Tjarks geht davon aus, dass die realen Kosten sich "der Marke von 600 Millionen Euro genähert haben".
Die Wirtschaftsbehörde lehnte es am Freitag ab, die Sichtweise von BUND und Grünen zu kommentieren. Sie räumte allerdings ein, dass sich "die Kosten für Bauleistungen und Rohstoffe seit der letzten Kostenschätzung bis heute erhöht" haben, teilte Behördensprecherin Susanne Meinecke mit. Jedoch könne zurzeit nicht abgeschätzt werden, "welches Preisniveau zum Zeitpunkt der Auftragsvergabe" gelten werde. Diese kann erst nach der Planfeststellung vermutlich im nächsten Jahr erfolgen. "Insoweit können auch noch keine Angaben zu den voraussichtlichen Auswirkungen auf die Gesamtkosten des Fahrrinnenausbaus gemacht werden", so Meinecke.
Damit gibt sich der BUND nicht zufrieden: "Es wird Zeit, dass eine seriöse Betrachtung der Wirtschaftlichkeit erfolgt", stellt Braasch fest. Er hofft, dass das Hamburger Parlament "seriöse Grundlagen für die Ende November anstehenden Haushaltsentscheidungen einfordert".
Denn nicht verlassen will er sich auf die Versicherung von Wirtschaftssenator Horch, "dass wir hier nicht ein zweites Problem Elbphilharmonie haben". Das Konzerthaus in der Hafencity war 2005 mit einer Gesamtkostenschätzung von 190 Millionen Euro gestartet und liegt jetzt bei etwa 550 Millionen Euro, der Hamburger Anteil wuchs von 77 auf 323 Millionen Euro: Zumindest beim Finanziellen gibt es da eine auffallende Parallele.
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