Aus für Berliner Neonazi-Kneipe: Der Henker und sein Richter
Das Berliner Landgericht hat die Räumung des Neonazi-Lokals „Zum Henker“ angeordnet. Die Kneipe war ein wichtiger Treffpunkt der rechten Szene.
BERLIN taz | Aus für den „Henker“: Das Berliner Landgericht hat am Freitag der rechten Kneipe den Zapfhahn zugedreht. Bis zum heutigen Samstag muss der Henker geräumt werden. Sollten die drei Betreiber die Kneipe nicht freiwillig übergeben, kann der Vermieter einen Gerichtsvollzieher damit beauftragen. Das Urteil ist aber noch nicht rechtskräftig: Die Betreiber können Berufung einlegen.
Bis ein Gerichtsvollzieher tatsächlich kommt, kann es also dauern. Denn sollte einer möglichen Berufung im Nachhinein stattgegeben werden, trägt der Vermieter das Risiko einer Schadenersatzklage. „Sollte Montag nicht geräumt sein, fordern wir den gegnerischen Anwalt auf, das zu tun“, kündigte Bernd Ital an, der Geschäftsführer der Vermietungsgesellschaft. „Ob wir den Gerichtsvollzieher schicken, falls er der Aufforderung nicht nachkommt, entscheiden wir, wenn uns die schriftliche Urteilsbegründung vorliegt.“
Schon im vergangenen Frühjahr hatte die in Erlangen ansässige Vermietungsgesellschaft dem Henker gekündigt. Vorausgegangen waren jahrelange Proteste vieler Berliner. Bis zu 4.000 Menschen waren durch den Ortsteil Schöneweide gezogen, um für die Umsetzung der Kündigung zu demonstrieren. Zahlreiche Berliner hatten dem Vermieter Postkarten gesandt.
Die Kündigung war sowohl außerordentlich als auch ordentlich erfolgt. Das Gericht musste nun klären, ob diese rechtens waren. Die außerordentliche Kündigung, die mit den rechtsextremen Umtrieben und den Gefahren für das Wohnumfeld begründet wurde, wies das Gericht ab. Dass es die ordentliche Kündigung für korrekt erklärte, liegt an einem Formfehler der Henker-Betreiber: Der Mietvertrag war auf fünf Jahre befristet, die am heutigen Samstag enden. Er hätte sich automatisch um weitere fünf Jahre verlängert, hätten die Mieter das ordnungsgemäß beantragt. Auf dem entsprechenden Schriftstück fehlten aber Unterschriften von zwei der drei Betreiber.
Die Kneipe in der Brückenstraße in Schöneweide gilt als wichtigster Vernetzungspunkt der rechten Szene Berlins, sie war bundesweit bekannt. Hier haben sich Mitglieder der inzwischen verbotenen Kameradschaft „Frontbann 24“ und der ebenfalls inzwischen verbotenen „Hilfsorganisation für nationale Gefangene“ getroffen. Hier hatte vergangenen Herbst der NPD-Politiker Udo Voigt seine Kandidatur für das Europaparlament erklärt. Gäste dieses Lokals hatten in der Umgebung zahlreiche Straftaten begangen: Oft unter Einfluss von Alkohol hatten sie anders aussehende Menschen oder vermeintliche politische Gegner gejagt, bedroht, geschlagen und Sachbeschädigungen verübt.
Lob von der Politik
Integrationssenatorin Dilek Kolat (SPD) zeigte sich erleichtert über den Richterspruch. Treptow-Köpenicks Bürgermeister Oliver Igel (SPD) sagte: „Ich hoffe, dass das Urteil das endgültige Ergebnis in der Sache bleibt. Damit würde ein Symbolort der Nazis verschwinden.“ Hans Erxleben vom örtlichen Bündnis für Demokratie und Toleranz freut sich: „Fünf Jahre Protest waren nicht umsonst. Dieses öffentliche Ärgernis, betrieben von einem vorbestraften Rechtsextremisten, hat ein Ende.“
Laut der grünen Rechtsextremismusexpertin Clara Herrmann zeigt das Urteil, wie wichtig es ist, dass sich Vermieter mit Klauseln im Mietvertrag vor rechtsextremen Mietern schützen. „Nur so kann man verhindern, dass sich rechte Infrastruktur breitmacht.“ Der Henker-Vermieter hatte das nicht getan.
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