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Aus der Grauzone

■ Zwischen inspiriertem und uninspiriertem Unfug: Wigald Boning

Als Wigald Boning das letzte Mal auf einer Bremer Bühne stand, tat er das als bessere Hälfte des Blödelduos „Die Doofen“ im Weserstadion. Dort war er für die Einstimmung zum „Bon Jovi“-Konzert zuständig. Und er schaffte es, zigtausend Kuschelrock-Fans zum „Tuff, tuff, tuff, wir fahren in den Puff“-Gröhlen zu bewegen. Das hat dem gebürtigen Wildeshausener scheinbar ein bißchen zu gut gefallen. Nun traut er sich auch mit wenig in den Händen vors Publikum. Wenn ihm nun die Musik langweilig wird, darf's auch ein Buch sein, am liebsten ein selbst geschriebenes wie der Band „Fliegenklatschen in Aspik“. Als Autor schreibt er darin über die Bilder, die er als Künstler gemalt hat. Am Montag sollte er aus dem Werk im „Moments“ vorlesen.

Lesen wollte er aber nicht. Statt- dessen stellte sich der mit einem boninggelben Anorak, gepunktetem Hemd und gestreifter Krawatte kostümierte Klamauker nebst einigen Kunstwerken auf die Bühne und beantwortete Fragen einer Moderatorin.

In den Gemälden war nach Künstlerangaben nie das zu sehen, was man zu sehen glaubte. Es ging halt um „die Grauzone zwischen Illusion und Illusion“. Ein stilisiertes Fußballmännchen wurde zu einem „Mittelfeldregisseur mit unverkennbarer Beckett-Fraktur“, ein Besen wurde zu einer Schießscharte und die Häuser seien keine Häuser, sondern Pappwände, die wie Häuser aussehen. Trotzdem handele es sich um Photorealismus.

Bei dem blindwütigen Nonsens gelang ihm mancher Geniestreich wie das Bild aus farbigem Nutella (“gibts heute nicht mehr“), das Boning immer ableckt, wenn er Hunger hat, und auf dem man Bud Spencer sehen könne, wenn man sich im Stil der beliebten „Das magische Auge“-Bilder lange genug konzentriere.

Leider bildete solch inspirierter Unfug die Ausnahme in einer Ansammlung von uninspiriertem Unfug. Und prompt bekam er die Quittung vom Publikum: Nach einer knappen Stunde Programm wurde Wigald Boning im Moments nur zögerlich für eine einzige knappe Zugabe zurück auf die Bühne gebeten.

Andreas Neuenkirchen

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