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Aus dem BeiratTrinken erlaubt

■ Viertel-Beirat stimmte gegen ein verschärftes Alkoholgesetz in Bremen

Selbst der kommissarische Revierleiter der Wache Brom-myplatz konnte die Stadtteilparlamentarier im Bremer Ostertor- und Steintorviertel vorgestern nicht davon überzeugen, daß ein verschärftes Ortsgesetz gegen Trinker her müsse. An seiner alltäglichen Erfahrung, „daß die Bürger herumstehen und ihr Bier trinken, die Hunde frei herumlaufen lassen und wir nichts tun können“, wird sich nach der letzten Beirats-Entscheidung nichts ändern. Gegen die sechs Stimmen von CDU, AfB, FDP und „Wir im Viertel“kippten SPD und Grüne am Dienstag abend einen ersten CDU-Vorstoß, der unerlaubte öffentliche Trinkgelage gesetzlich verbieten will. Die erste Nagelprobe der Law&Order-Initiative ging damit ausgerechnet in einem von Problemen gebeutelten Stadtteil verloren.

Der Grund: Nach Ansicht von SPD und Grünen gibt es bereits genug Gesetze, um gegen das Wegwerfen von Müll, Pöbeleien oder andere Verfehlungen von Trinkern vorzugehen. Zugleich wurde die Formulierung des CDU-Entwurfs als „wenig präzise“kritisiert. Nach dem Vorschlag soll „der Konsum von Alkohol in einer für Dritte beeinträchtigenden Weise“auf öffentlichen Plätzen künftig mit Bußgeld geahndet werden können. „Aber wo fängt die Beeinträchtigung Dritter an?“, fragten Kritiker. „Schärfere Gesetze bringen doch nix, wenn man die Gesetzesbrecher nicht verfolgt“, argumentierte nicht nur das SPD-Beiratsmitglied Reinhard Werner.

Genau hier allerdings setzt die Argumentation der Gegenseite an: „Andere Maßnahmen haben doch bisher nichts gebracht“, schimpft die. „Zur Zeit ist es doch so: Da pinkelt einer auf die Straße. Aber wenn die Polizei kommt, muß die erstmal beweisen, von wem das Bächlein kommt.“Das bringt nicht nur den „Wir-im-Viertel“-Mann Stefan Schafheitlin auf die Palme, der dazu sagt: „Rechtsstaat gut und schön. Aber wenn die Probleme nicht gelöst werden können, müssen wir doch jetzt handeln.“Was die Polizei bestätigt: „Die Bürger erwarten, daß wir einschreiten“– vor allem am Brennpunkt Ziegenmarkt.

Alles Werben für die Verschärfung des Gesetzes blieb dennoch vergeblich. „Das hat mit Polizeistaat nichts zu tun, hören Sie mir doch auf mit diesem Todschlagargument“, betonte zwar CDU-Beiratsmitglied Michael Glintenkamp. Es habe schließlich niemand etwas dagegen, wenn jemand mal auf der Straße ein Bierchen trinkte Aber so ganz konnte er den einzigen bekennenden öffentlichen Biertrinker im Viertel und einzigen Zuschauer, Jörg Hutter, vorgestern nicht überzeugen. „Hier geht es doch um Auffälligkeiten, die man einfach beseitigen will. Reden Sie doch nicht am eigentlichen Problem vorbei.“ ede

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