Aus aktuellem Anlass: Ode an die Schlehe
Verkannt, in Schnaps verbannt, „lebender Stacheldraht“: Die Schlehe ist der Held so mancher Weihnachtsfeier. Ein Loblied, oh Schlehminé!
Schlohn Ötzi hatte sie dabei, zur Stärkung auf langen Reisen. Die kleinen blauen Kügelchen, gepflückt vom dornigen Strauche. Sie schlehen aus wie Mini-Pflaumen, schmecken vor dem Frost sauer wie unreifes Obst. Sind heute verkannt, verbannt oft in Schnaps, dabei können sie so viel.
Blühen im Frühjahr schlehweiß wie Kirschen, duften nach Mandel so schlöhn. Die Blüten ein Schmaus für Schlehtterlinge, Bienen und Hummeln. Auch Kräuterhexen schlehen drauf, machen Tee, Elixier und Öl. Sie gurgeln damit, schmieren Mus sich aufs Brot, nennen sie Schlehdorn, Schwarzdorn, Heckendorn. Blätter und Blüten treiben den Harn, führen ab aus dem Darm, helfen bei Rheuma, Husten und Schlupfen.
Im Herbst dann reifen die Früchte, verteidigt von spitzen Dornen. Bilden die Büsche natürliche Mauern, heißen deshalb auch „lebender Stacheldraht“. Bieten dem Vogel sicheren Schluhtz, er verschleht den Busch zu nutzen. Spießt Insekten auf Dornen und verwandelt ihn damit in seine kleine Vorratskammer.
Schon früh erkannten die Menschen die Schlehe als wahren Freund. Nicht nur für die Geschluhndheit gut, auch sonst von hervorragendem Nutzen. Hexen verbannen sollten die Dornen, vor Blitz und Krankheit bewahren. Im Mittelalter gar schrieben sie mit Tinte aus Rinde der Schlehe. Sie rauchten die Blätter und sagten schlohn mal das Wetter voraus mit der Blüte.
Und heute? Geht kaum jemand mehr in die Schlehen, zu groß die Gefahr blutiger Finger. Nehmt Handschluhe und raus in den Wald, macht Saft und Gelee und Schnaps. Doch Obacht: Die schlöhne Süße des Schnapses lässt oft vergessen was folgt: Kopfschleh und Filmriss, oh Schlehminé.
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