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Aus „Le Monde diplomatique“Aufstieg einer gefährlichen Branche

Kriege, Rüstungsausgaben und Waffenverkäufe nehmen rasant zu. Auch Konfliktstaaten und Diktaturen sind kein Hinderungsgrund.

Schon die Kleinsten lernen den Zugang zum boomenden Geschäft Foto: dpa

Anfang der 1990er Jahre konnte man den Eindruck haben, das Ende des Kalten Kriegs werde auch die meisten internationalen Konflikte beenden und die Waffenarsenale der großen und kleinen Mächte leer fegen. Tatsächlich gingen die Rüstungsausgaben zunächst deutlich zurück. Doch der „Krieg gegen den Terror“ mit den Schwerpunkten Afghanistan und Irak verschaffte dem militärisch-industriellen Komplex in den USA neue Aufträge.

Heute kämpft eine internationale Koalition gegen den „Islamischen Staat“ (IS) in Syrien. Auch die russische Waffenindustrie hat ihre postsowjetische Starre überwunden und legt wieder kräftig zu. Frankreich verkauft Waffen an Staaten des Golfkooperationsrats und nach Asien; Indien und China träumen, angetrieben von ihrer wirtschaftlichen Dynamik, von einer Vormachtstellung in ihrer jeweiligen Region. Deutschland und Japan, die Besiegten des Zweiten Weltkriegs, haben ihre historisch bedingten Hemmungen teilweise überwunden und sind dabei, mit ihrer leistungsfähige Rüstungsindustrie neue Absatzrekorde zu erzielen.

„2014 gab es mehr Kriege als in jedem anderen Jahr seit 2000“, ist im Jahrbuch des Stockholm International Peace Research Institute (Sipri) zu lesen. Die weltweiten Militärausgaben sind in den vergangenen zehn Jahren um ein Drittel gestiegen und lagen 2014 bei rund 1700 Milliarden US-Dollar. In Nordafrika und Osteuropa haben sie sich mehr als verdoppelt und im Nahen Osten ebenso wie in Ostasien um zwei Drittel zugenommen. Nachdem die USA ihre Truppen aus dem Irak vollständig und aus Afghanistan großenteils abgezogen hatten, begannen sie zunächst ihre Militärausgaben zurückzufahren. Doch 2014 war mit 610 Milliarden Dollar wieder das Niveau von 2007 erreicht, das heute etwa einem Drittel der gesamten weltweiten Rüstungsausgaben entspricht.

Nach den neuesten Zahlen von Sipri vom Februar 2016 war das Gesamtvolumen der Waffenverkäufe in den letzten fünf Jahren (2011–2015) „so groß wie noch nie seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs“. Bei den Waffenlieferanten liegen die USA auf Platz eins mit 32,5 Prozent Anteil am Weltmarkt, dicht gefolgt von Russland (25,3 Prozent). Diese beiden Rüstungsgiganten sind in der Lage, Waffensysteme anzubieten, die unter realen Kriegsbedingungen („combat proven“) getestet wurden.

Mit großem Abstand liegen auf den Plätzen drei bis fünf: China (5,9 Prozent), Frankreich (5,6 Prozent) und Deutschland (4,7 Prozent). Bei den Abnehmerländern (Importeuren) liegt Indien (ebenfalls im Zeitraum 2011–2015) weit in Führung, gefolgt von Saudi-Arabien, China, den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) und Australien.

Boom in den Schwellenländern

Mittlerweile sind auch die Schwellenländer „in mehreren Bereichen in der Lage, internationale Aufträge an Land zu ziehen und so den großen westlichen Anbietern Konkurrenz zu machen“, heißt es im Vorwort eines Parlamentsberichts über die französischen Rüstungsexporte 2015. Auf diesem Gebiet ist China zu einem zentralen Akteur geworden. In Japan wurde ein Verbot von Waffenverkäufen ins Ausland, das seit 1967 bestanden hatte, im April 2014 aufgehoben. Auch Südkorea will seine Rüstungsindustrie zu einer tragenden Säule künftigen Wirtschaftswachstums machen.

Israel ist nicht nur ein führender Anbieter von Drohnen und Polizeiausrüstung, sondern investiert inzwischen auch in kybernetische Waffensysteme. Der Iran, durch Sanktionen 30 Jahre lang international isoliert, entwickelt einen militärisch-industriellen Komplex, der demnächst auch auf den Exportmärkten mitmischen wird. Selbst die kleinen Vereinigten Arabischen Emirate haben den Ehrgeiz, in Zusammenarbeit mit Algerien und Frankreich die Basis für eine eigene Rüstungstechnologie und -industrie zu entwickeln, um sich auf das Post-Ölzeitalter vorzubereiten.

Le Monde diplomatique

Dieser Artikel stammt aus der aktuellen Ausgabe von Le Monde diplomatique, der großen Monatszeitung für internationale Politik. LMd gibt es jeden Monat neu gedruckt und digital sowie zum Anhören. Das komplette Inhaltsverzeichnis der neuesten Ausgabe kann man hier nachlesen: www.monde-diplomatique.de/zeitung.

Neben der wachsenden Konkurrenz der Anbieter gibt es einen weiteren Trend: Immer mehr Staaten wollen mit dem Kauf von Waffen zugleich einen Technologietransfer durchsetzen. Zum Beispiel fordern Indonesien und die Türkei, dass 50 Prozent des Auftragsvolumens an lokale Unternehmen vergeben werden – wozu das entsprechende Know-how gehört. Und Indien verlangt bei jedem Deal eine entsprechende Zusage für 30 Prozent des Vertragswerts, eine Bedingung, die den Ankauf von Rafale-Kampfflugzeugen des französischen Hersteller Dassault seit mehreren Jahren verzögert.

Manche Verträge beinhalten eine Verlagerung von Arbeitsplätzen, die Zusammenarbeit mit lokalen Unternehmen sowie die Ausbildung von technischem Personal vor Ort. Die Verkäufer riskieren jedoch, damit langfristig künftige Konkurrenten zu fördern. Zudem droht die unmittelbare Gefahr einer Kostenexplosion, die für viele Länder, etwa im Maghreb oder am Golf, ruinöse Folgen haben kann.

Es geht um Arbeitsplätze

Entgegen einem verbreiteten Vorurteil sehen die Gewerkschaften der staatlichen oder privaten Rüstungsfirmen diese Entwicklung durchaus kritisch. Waffen seien kein Produkt wie jedes andere, meint zum Beispiel Eric Brune, Vertreter des Gewerkschaftsbunds CGT im französischen Rüstungsbetrieb Nexter: „Natürlich machen wir uns Sorgen um die Arbeitsplätze. Aber das ist bei den Exporten nicht der Kern des Problems, der liegt vielmehr in der Politik.“ Und er nennt ein Beispiel: Wenn die Sicherung von 2.000 Arbeitsplätzen in Roanne (einem der wichtigsten Produktionsstandorte für Panzerfahrzeuge) bedeutet, dass es „woanders 100.000 Tote gibt, dann hat das Ganze keinen Sinn“.

Der französischen Rüstungssektor beschäftigt bei einem Jahresumsatz von 15 Milliarden Euro etwa 160.000 Menschen, wobei 40.000 der Arbeitsplätze direkt vom Export abhängen. Die Rüstungsbetriebe sind über ganz Frankreich verteilt, wobei sich die Produktion nur relativ schwer verlagern lässt (was erst recht für die Zulieferer gilt). Sie produzieren die gesamte Ausrüstung der französischen Armee – mit Ausnahme von Drohnen – und erhalten pro Jahr öffentliche Aufträge in Höhe von 11 Milliarden Euro. Zudem profitiert die gesamte Industrie des Landes von der offiziellen Verteidigungspolitik, insofern diese der nuklearen Abschreckung hohe Priorität einräumt. Das bedeutet zum einen Wartungsaufträge für das atomare Arsenal, zum anderen Forschungsgelder für die Entwicklung neuer nuklearer Waffensysteme.

Dass die französische Außenhandelsbilanz im Bereich Rüstungsgüter einen Überschuss aufweist, liegt vor allem an einigen sehr guten Kunden im Nahen Osten. Ohne dieses sektorale Plus wäre das gesamte Handelsbilanzdefizit im Zeitraum 2008 bis 2013 jedes Jahr um 5 bis 8 Prozentpunkte höher ausgefallen. Der Verkauf des Mehrzweckkampfflugzeugs Rafale an Ägypten und Katar machte 2015 zu einem triumphalen Jahr für die französische Rüstungsindustrie: Die Aufträge im Wert von 16 Milliarden Dollar lagen doppelt so hoch wie 2014 und viermal so hoch wie 2012. Und wenn der Rafale-Deal mit Indien abgeschlossen wird, könnte 2016 zum neuen Rekordjahr werden.

Philippe Leymarie

ist Journalist und arbeitet bei Radio France internationale.

General Vincent Desportes, ehemaliger Leiter des Collège interarmées des défense, verweist allerdings darauf, dass die Bewahrung „entscheidender Fähigkeiten“ immer schwerer wird: „Wenn eine bestimmte Grenze unterschritten wird, verlagern sich die Aktivitäten ins Ausland, in eine andere Branche oder sie verschwinden ganz.“ Deshalb müsse man, so Desportes, unbedingt einen „Kern industrieller Souveränität“ erhalten.

Dual-use gefordert

Das gilt besonders in Zeiten, in denen der Zugang zu bestimmten Technologien durch das Itar (International Traffics in Arms Regulations) beschränkt wird. Nach diesem von der US-Regierung erlassenen Regelwerk kann ein Verkäufer am Abschluss eines Geschäfts gehindert werden, wenn sein Produkt auch Komponenten aus US-Produktion enthält. Auf diese Weise konnte Washington den 2013 abgeschlossenen „Falcon-Eye-Vertrag“ über den Verkauf von zwei Spionagesatelliten an die Vereinigten Arabischen Emirate durch Airbus und Thales mehr als ein Jahr lang blockieren. General Desportes befürchtet eine „Zwangsangleichung“ an die Operationsmethoden und die „destruktive Konzeption von Krieg“ der Amerikaner, denen er einen „verrohenden Einfluss“ auf die ganze Branche bescheinigt.

Die Gewerkschaften fordern bereits seit Langem, die Rüstungsbranche zu diversifizieren und stärker auf Dual-use-Produkte und -Anwendungen zu setzen. Das würde bedeuten, dass die Unternehmen – private wie halbstaatliche – nicht mehr allein von der Produktion und dem Export von Waffen abhängen und sich rasch umorientieren können, falls die Nachfrage nach Rüstungsgütern einmal mangels öffentlicher Aufträge zurückgehen sollte. Einige Gewerkschaften, darunter die CGT, kämpfen für die Gründung eines öffentlichen Rüstungsunternehmens, in dem der Staat ein Mitspracherecht hätte – als Kunde, aber auch als regulierender Faktor einer Branche, die viel mit der Außenpolitik und fundamentalen Werten des Landes zu tun hat.

Damit könnte man erreichen, dass die unwürdige Jagd nach Milliarden, die von den Staaten und ihren höchsten Organen forciert wird, um ihre riesigen Handelsbilanzdefizite auszugleichen oder um irgendwelche geopolitischen Konstellationen auszunutzen, in den Hintergrund tritt. Und dass die Gefahren vielleicht klarer gesehen werden.

Waffenverkauf in Konfliktzonen

Bei seinem Staatsbesuch in Indien im Januar 2016 rühmte Präsident François Hollande die Rafale von Dassault als „besten Jäger der Welt“. Bereits im Februar 2015 hatte sich Dassault-Chef Eric Trappier nach dem ersten Verkauf der Rafale an Ägypten bei der französischen Regierung für die „politische Unterstützung“ bedankt, „ohne die es keine Militärexporte geben kann“. Im vergangenen Jahr waren an die zehn Ministerbesuche nötig, um den Rafale-Deal mit Katar zum Abschluss zu bringen. Die Regierung spielte dabei die Rolle des Rüstungslobbyisten perfekt. Neuerdings sondiert sie gemeinsam mit Dassault, ob man die Rafale auch an die Vereinigten Arabischen Emirate oder Malaysia verkaufen kann.

Verteidigungsminister Le Drian agiert als effizienter Außendienstmitarbeiter der Rüstungsindustrie. Für ihn ist die Frage der Konkurrenzfähigkeit „eng mit der Frage der Souveränität verknüpft“. Und die Direction générale de l’armement (DGA), der die Beschaffung und Entwicklung neuer Waffen für die französische Armee obliegt, spricht ganz offen von einer „Aufgabenteilung zwischen Politik und Industrie“.

Dass Länder wie Frankreich ihr Kriegsgerät in Spannungs- und Konfliktzonen verkaufen, ist eine verstörende Entwicklung, zumal wenn sie mit Zugeständnissen verknüpft ist. So musste Paris, um Waffen in die Golfmonarchien verkaufen zu können, einen Vertrag über strategische Partnerschaft und Verteidigung unterzeichnen. 2008 beschloss die Regierung Sarkozy, in Abu Dhabi eine gemeinsame Militärbasis zu eröffnenen. Und im Mai 2015 nahm Präsident Hollande als „Ehrengast“ und einziger westlicher Staatsmann am außerordentlichen Gipfel des Golfkooperationsrats in Riad teil. All das hätte zur Folge, dass Frankreich bei der Ausweitung eines Konflikts im Nahen Osten gleichsam zu einem Frontstaat würde – und das an den Grenzen des Iran, des Irak und des Jemen. Und diese fatalen Folgen der rüstungspolitischen Kooperation waren nie Gegenstand einer öffentlichen Beratung oder Debatte.

Wer weiß schon, woher die Waffen in Saudi-Arabien kommen? Foto: dpa

Das Regime der französischen Waffenexporte ist also ziemlich „undurchsichtig“, wie es das Beobachtungszentrum für Rüstungsfragen in Lyon (Observatoire des armements, Obsarm) ausdrückt. Nach Ansicht dieses unabhängigen Instituts ist der von der Regierung so gerühmte jährliche Parlamentsbericht über Rüstungsexporte nur eine „Werbebroschüre“, die vor allem dazu diene, die „Exzellenz Frankreichs herauszustellen“.

Kein allgemeines Embargo

Anderswo in Europa führen Waffenverkäufe an einen zweifelhaften Abnehmer wie Saudi-Arabien zu heftigen öffentlichen Debatten, vor allem seit der saudischen Militäroffensive im Jemen und der Hinrichtung von 47 saudischen Oppositionellen am 2. Januar 2016. Zu Letzteren gehörte auch der schiitische Geistliche Nimr al-Nimr, was zum Abbruch der diplomatischen Beziehungen zwischen Teheran und Riad geführt hat. Am 25. Februar 2016 verabschiedete das EU-Parlament eine Resolution, in der die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini aufgefordert wurde, „angesichts der schweren Vorwürfe, die sich auf den Verstoß gegen internationales Völkerrecht durch Saudi-Arabien im Jemen beziehen, ein Initiative zur Verhängung eines Waffenembargos der Europäischen Union gegen Saudi-Arabien in die Wege zu leiten“.

In Belgien hat der Ministerpräsident der Region Flandern im Januar die Erlaubnis zur Lieferung von Waffen an Riad wegen der saudischen Verwicklung in den Jemenkrieg verweigert. Allerdings will man die Anträge von Fall zu Fall prüfen und kein allgemeines Embargo gegen Saudi-Arabien verhängen. Gegen Letzteres wendet sich in Belgien auch die Metallgewerkschaft in Wallonien, wo der Umsatz der Rüstungsindustrie den höchsten Stand seit zehn Jahren erreicht hat – vor allem aufgrund der Lieferverträge mit Saudi-Arabien. Die Gewerkschafter argumentieren, ein Embargo würde nur der Konkurrenz Tür und Tor öffnen.

Ähnliche Diskussionen laufen in Großbritannien und Kanada. Der kanadische Außenminister Stéphane Dion verteidigte im Januar einen Vertrag über den Bau von Militärfahrzeugen, den die Vorgängerregierung mit Saudi-Arabien abgeschlossen hatte. Dion machte geltend, das Gerät sei dazu bestimmt, „das Land zu schützen, nicht um auf die Bevölkerung zu schießen“. Diese Behauptung ist sehr fragwürdig, denn die betreffenden Jeeps sind gepanzert und außerdem mit Anti-Panzer-Raketen und leichten Kanonen ausgestattet.

Während Schweden bereits im März 2015 jede militärische Kooperation mit Riad eingestellt hat, erklärte der deutsche Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel im Januar 2016 lediglich: „Wir müssen jetzt überprüfen, ob wir in Zukunft auch defensive Rüstungsgüter kritischer beurteilen müssen, die wir Saudi-Arabien bislang zur Landesverteidigung geliefert haben.“ Das erweckt den Eindruck, man wolle deutsche Lieferungen an Riad restriktiver handhaben, nachdem bisher alle an das wahhabitische Königreich gelieferten Waffen als grundsätzlich „defensiv“ etikettiert wurden.

Mittelsmänner und Geldwäsche

Unter dem Einfluss des sozialdemokratischen Koalitionspartners hat die Regierung Merkel eine schärfere Beobachtung der deutschen Rüstungsindustrie angekündigt. Im Januar 2014 hatte Gabriel in einem Interview erklärt: „Es ist eine Schande, dass Deutschland zu den größten Waffenexporteuren gehört.“ Wenn man Rüstungsgüter in die falschen Regionen verkaufe, „kann es zu einem Geschäft mit dem Tod werden“. Auf keinen Fall dürfe man Waffen an Länder liefern, in denen ein Bürgerkrieg oder ein „Unrechtsregime“ herrscht.

Allerdings ist die Praxis der Deutschen, die heute der weltweit fünftgrößte Waffenexporteur sind, bei weitem nicht so radikal wie die verbalen Bekenntnisse. Das zeigt sich auch im Fall Saudi-Arabien. Zwar hat Deutschland den Verkauf von Sturmgewehren an die Saudis gestoppt und einige Lieferverträge Frankreichs mit Saudi-Arabien verhindert, weil die Waffensysteme deutsche Komponenten enthielten. Aber allein im ersten Halbjahr 2015 wurden deutsche Waffen im Wert von 178 Millionen Euro an Riad verkauft, das der drittgrößte Käufer deutscher Rüstungsgüter bleibt.

Einige Rüstungsverträge kommen Regimen zugute, die die Menschenrechte nicht respektieren, ihre eigene Bevölkerung bekämpfen oder die Waffen an Länder weiterverkaufen, die als Empfänger noch weniger geeignet sind. Solche Verträge tragen mehr zum Anheizen als zu einer Lösung laufender Konflikte bei. Überdies bewegen sich die Waffengeschäfte häufig am Rande der Legalität, was begünstigt wird durch die mangelnde Transparenz beim Aushandeln und beim Abschluss der Verträge und durch die Komplexität der Finanztransaktionen – häufig über die berüchtigten Geldwäschekonstrukte der Steuerparadiese.

Noch unübersichtlicher wird das Ganze aufgrund der Beteiligung diverser Mittelsmänner. Die anfallenden Provisionszahlungen und andere „außergewöhnliche Belastungen“ können bis zu einem Viertel des Vertragswerts ausmachen und kommen nur im Fall einer gerichtlichen Untersuchung ans Tageslicht. So geschah es in Frankreich zum Beispiel bei den Waffenverkäufen an Angola, bei der Lieferung von Fregatten an Taiwan und beim U-Boot-Deal mit Pakistan. Experten haben berechnet, dass 40 Prozent der weltweiten Korruptionsfälle im Zusammenhang mit Waffenverkäufen stehen obwohl diese nur 1 Prozent des globalen Handels ausmachen.

In den letzten zwanzig Jahren haben allerdings mehrere Staaten ihre Gesetze verschärft. Auch auf internationaler Ebene wurden beachtliche Fortschritte erzielt: Seit 1992 existiert das UN-Waffenregister; 1998 beschloss die EU einen Verhaltenskodex für Waffenexporte, der durch die Verabschiedung eines „gemeinsames Standpunkts“ seit 2008 für alle Mitgliedstaaten bindend ist; und seit Dezember 2014 ist der internationale Vertrag über den Handel mit konventionellen Waffen in Kraft. Doch im gleichen Zeitraum haben zahlreiche Länder keinerlei Schritte unternommen, um Verstöße gegen insgesamt 21 Waffenembargos zu ahnden, die von den UN oder der EU verhängt wurden.

Aus dem Französischen von Jakob Farah

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3 Kommentare

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  • sämtliche Rüstungsfabriken wären binnen kurzer Umstellungsphasen in der Lage statt Waffen solche Friedensprodukte herzustellen: Mähdrescher, Bewässerungsanlagen - und (...) Pflugscharen!

    • @Gion :

      Aber wenn die Christin Frau Dr. Merkel daß nur in Ansätzen erwägen würde, dann aber...

  • Unter "Boom in den Schwellenländern" ist u.a. von Japan und Südkorea die Rede. Die sind beide zwar nicht "westlich", gehören aber schon lange zu den höchst entwickelten HighTech-Industrieländern der Welt. Mit Schwellenländern wie den erwähnten, China oder Iran, haben die absolut nichts gemeinsam.