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Aufstand in Libyen"Gaddafi droht lebenslange Haft"

Der Internationale Strafgerichtshof prüft die aktuelle Lage in Libyen. Dabei geht es vor allem um Verbrechen gegen die Menschlichkeit, sagt der Völkestrafrechtler Kai Ambos.

Sie wollen ihn nicht mehr sehen: Demonstranten in Sawija mit einem Poster von Staatschef Muammar al-Gaddafi. Bild: reuters
Christian Rath
Interview von Christian Rath

taz: Herr Ambos, Der Internationale Strafgerichtshof (IStGH) in Den Haag soll die aktuelle Situation in Libyen prüfen. Das hat der UN-Sicherheitsrat am Samstag in New York beschlossen. Was passiert jetzt in Den Haag?

Kai Ambos: Der IStGH-Chefankläger Luis Moreno Ocampo wird ein Ermittlerteam zusammenstellen, das den Fall untersucht. Eventuell müssen erst Leute eingestellt werden, die Arabisch sprechen. Wenn es möglich ist, werden die Ermittler vor Ort arbeiten.

Und wenn nicht?

Bild: privat
Im Interview: 

KAI AMBOS, 45, ist Professor für deutsches und internationales Strafrecht in Göttingen. Er ist einer der führenden Experten für Völkerstrafrecht und unter anderem Verfasser des Buches "Internationales Strafrecht".

Dann müssen sie Flüchtlinge, Journalisten und andere Zeugen befragen sowie schriftliche Quellen auswerten. Wenn die Ermittlungen einen dringenden Tatverdacht ergeben, wird wohl Anklage erhoben. Falls zu erwarten ist, dass sich die Beschuldigten nicht stellen, dürfte auch ein internationaler Haftbefehl erlassen werden.

Welche Taten soll der Chefankläger Luis Moreno Ocampo konkret untersuchen?

Moreno Ocampo soll nicht die gesamte Gaddafi-Ära in Libyen aufarbeiten, sondern nur die Ereignisse ab dem 15. Februar - also den Umgang des Regimes mit den jüngsten Massenprotesten.

Kann der Gerichtshof wegen Mord und Totschlag verurteilen?

Nein. Der IStGH ist nur für bestimmte Delikte zuständig, zum Beispiel für Völkermord und Kriegsverbrechen. In Libyen kommen vor allem Verbrechen gegen die Menschlichkeit in Betracht. Zu prüfen ist dabei, ob es systematische oder weit verbreitete Angriffe auf die Zivilbevölkerung gegeben hat und Funktionsträger des Regimes dafür verantwortlich sind. Vieles spricht dafür, dass sich dies beweisen lässt.

Welche Strafe droht Gaddafi und Konsorten?

Die maximale Strafe in Den Haag ist lebenslange Haft, die mindestens 25 Jahre lang vollstreckt werden muss.

Wie schnell ist mit einer Anklage zu rechnen?

Hier geht es nicht um einige Tage, sondern eher um einige Jahre. Zum Vergleich: Der UN-Sicherheitsrat hat 2005 den IStGH beauftragt, die Situation in der sudanesischen Krisenprovinz Darfur zu überprüfen. 2007 gab es Haftbefehle gegen zwei Minister der sudanesischen Regierung. Erst im März 2009 kam ein weiterer Haftbefehl gegen den Präsidenten Omar Hassan al-Bashir hinzu, der bisher aber noch nicht vollstreckt werden konnte.

Wird die Einschaltung von Den Haag den Konflikt anheizen oder eher eindämmen?

Ich hoffe, dass dieser Schritt zu einer gewissen Mäßigung führt. Es gab am Wochenende schon erste Stimmen aus dem Regime, die für eine gewaltfreie Lösung plädierten.

Was passiert mit dem Verfahren in Den Haag, wenn die Opposition in Libyen die Macht übernimmt und einen neuen Staat aufbaut?

Grundsätzlich ist der IStGH nur zuständig, wenn die nationale Strafjustiz unwillig oder mit der Strafverfolgung überfordert ist. Wenn eine neue libysche Regierung die Ereignisse der letzten Wochen im Land selbst aufarbeiten will, kann sie das Verfahren in Den Haag jederzeit mit einem Einspruch stoppen, wenn er von eigenen ernsthaften Ermittlungen begleitet wird.

Hat Sie die Überweisung nach Den Haag überrascht?

Überraschend fand ich vor allem, dass sie einstimmig erfolgte. Auch Staaten, die dem Gerichtshof skeptisch gegenüberstehen, wie vor allem China, Russland und Indien, haben dafür gestimmt. Die USA sind unter Obama ohnehin viel Gerichtshof-freundlicher geworden. Der IStGH ist damit endgültig zu einem anerkannten Faktor der Weltpolitik geworden.

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9 Kommentare

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  • Z
    zombie1969

    Die Angriffe der Nato müssen solange fortgesetzt werden bis das gesamte Regime weggefegt ist. Nur schon eine kürzere Pause der Angriffe würde Gaddafi nutzen um seine Truppen neu zu organisieren um sie wieder auf die Bevölkerung loszulassen.

    Aufgrund der Vita Gaddafis dürfte es leider keine andere Lösung geben.

  • A
    Andy

    Ich sehe es wie der großartige Sozialist Hugo Chavez:

     

    „Vorläufig habe ich nicht die Absicht, ihm etwas vorzuwerfen. Es wäre feige, meinem langjährigen Freund etwas zur Last zu legen, ohne zu wissen, was in Libyen geschieht“

     

    http://de.rian.ru/world/20110301/258461796.html

  • A
    Absurd

    Wann geschieht die gleiche Anklage über Bush Sen., Bush Jun., Blair, Netanjahu und die ganze andere Bagage aus dem "goldenen Westen"?

  • S
    Stefan

    Übrigens ist das eine erheiternde Art, wie die TAZ mit dem Thema Gaddafi umgeht. Macht doch einfach mal eine Übersicht, wer ihn immernoch unterstützt. Und einen Rückblick, wer ihn unterstützt, verteidigt oder hochgelobt hat.

    Vielleicht sollte man den Völkerrechtsexperten Norman Paech mal fragen, ob er wirklich ein Mousepad mit seinem Idol, dem Revolutionsführer haben muss???

    Den Partner des Westens, den moderaten Erneuerer Erdogan, dem jede Lüge gerne geglaubt wird, ob er seinen "Internationalen Gaddafi-Menschenrechtspreis 2010" zurückgeben würde.

    Die Liste wäre lang... macht eine Fortsetzung draus.

  • U
    ulo

    Was für eine Büchse ist da wohl geöffnet?

    Wenn man die gleiche Aufmerksamkeit global einigen Staatsmännern widmete, würde der Gerichtshof ganz schön zu tun haben, oder?

    Warum,wird man nicht aufmerksam, vorher?

    MACHT

    MEDIEN. Schröder hat gesagt: Zur Macht brauche ich nur:

    BZ Bams und die Glotze

     

    und er hatte Recht!

    Berlussconi sollte nicht bundesrepublikanisch anwendbar sein.

  • A
    andi

    Der UN-Sicherheitsrat hat 2005 den IStGH beauftragt, die Situation in der sudanesischen Krisenprovinz Darfur zu überprüfen. 2007 gab es Haftbefehle gegen zwei Minister der sudanesischen Regierung. Erst im März 2009 kam ein weiterer Haftbefehl gegen den Präsidenten Omar Hassan al-Bashir hinzu, der bisher aber noch nicht vollstreckt werden konnte.

    Der IStGH ist damit endgültig zu einem anerkannten Faktor der Weltpolitik geworden.

     

    Da ist ja die Politik noch efektiver

    Man würd ich gern dort arbeiten muss der himmel auf erden sein

     

    2010 umfasst der Haushalt des Internationalen Strafgerichtshofs rund 103,6 Millionen Euro, davon ist Deutschland mit 12,7 Prozent (13,6 Millionen Euro) nach Japan der zweitgrößte Beitragszahler.

    :O

  • B
    Beelzebub

    Gaddafi droht keine Strafe vom IStGH

     

    Wenn die Aufständischen, besser gesagt: die libyschen Befreiungskräfte seiner habhaft werden, wird sein Leben keinen Pfifferling mehr wert sein und das ist auch gut so. Und wenn Herr Gaddafi dann ein ähnlich angemessenes und seiner würdiges Ende finden wird, wie z.B. einst Herr Ceaucescu, wird sich mein Mitleid - und wohl nicht nur meines - in sehr engen Grenzen halten.

  • JH
    Jan Härkemann

    Es wird zu nichts von alledem kommen. Gaddafi wird doch als Märtyrer sterben, schon vergessen!?

  • JO
    Jürgen Orlok

    Schon wieder so ein Professor, dem nicht auffällt, daß er in der Tradition des Herrn Freisler arbeitet.

     

    Na ja, wir haben ja auch einen sehr Herrn Mehlis, so hieß er doch - oder , auch für dieses Verbrecherkartell ( Internationaler Gerichtshof ) arbeiten lassen, er war wohl nur ein wenig ungeschickt ...

     

    Angeklagt werden nur die Verlierer, während die aktuell größten Kriegs- und sonstige Verbrecher wie Obama, Bush, Blair, Merkel und Co den Arbeitsplan der "Gerichte" gestimmen .

     

    Wie mir schon zu Studienzeiten beigebracht wurde :

    Recht hat weder etwas mit Gerechtigkeit

    noch mit Wahrheit zu tun !

    Recht ist eine formale Stilübung, die nicht einmal der Logik gehorchen muß, sondern nur der herrschenden Meinung.

     

    Ach und wie mir ein spurlos verschwundener Bekannter einst sagte, du kannst dir für jeden Zweck einen Professor kaufen !

     

    Wahrscheinlich hat auch seine Promotion, Habilitation erhebliche Mängel, die nur nicht aufgefallen sind, weil noch niemand nachforschte oder sollte ich mich irren ?