■ Das Telekom-Gesetz ist im Bundesrat gescheitert: Aufstand der Postleninisten
Und Lenin hatte doch recht. Erstens hielt er die deutsche Post für das Vorbild seiner Rädchenpartei, und zweitens war er der Meinung, die Deutschen würden keine Revolution machen, ohne vorher eine Bahnsteigkarte zu lösen. Lenin ist tot und war schon zu Lebzeiten gescheitert. Doch sozialdemokratische MinisterpräsidentInnen halten ihn auf ewig in Ehren. Sie sollten gestern ja nur einem Gesetz zustimmen, das, spät, aber immerhin, dem historischen Versagen der Leninschen Organisationsvorstellungen auch auf dem Gebiet des Fernmeldewesens Rechnung trägt. Sie sollten privaten Unternehmen erlauben, auf Kundenfang mit einem Produkt zu gehen, das sie nur verkaufen können, wenn es gefällt. Sie hätten damit die alte deutsche Post, die Telekom heißt, gezwungen, sich ebenso zu verhalten.
Doch nein, gerade jetzt fielen ihnen die Randgebiete ihrer Länder ein, die sie selbst immer vernachlässigt haben. Auf keinen Fall, meinen sie, dürften sie der freien Wirtschaft überlassen werden. Das nun ist genau die Revolution, die Lenin liebte, das ist die Herrschaft des Zentralkomitees für unterentwickelte Gebiete. Die SPD-MinisterpräsidentInnen verteilen noch heute Telefonapparate an Einödbauern.
Elektronische Medien sind gerade dabei, sämtliche Schranken zwischen Ländern und Völkern niederzureißen und die hintersten Winkel mit Informationen zu versorgen, die durchaus über den Horizont deutscher Provinzen hinausgehen. Die deutsche Staatspost trägt sie nur widerwillig und zu grotesk überhöhten Monopolpreisen dorthin. Private Unternehmen haben Milliarden bereitgelegt, um das besser zu machen. Sie werden jeden Gemeinderat einzeln bestechen, damit er ihnen erlaubt, die Dorfschule ans Internet anzuschließen. Sie wollen verkaufen, nicht bloß kassieren und verwalten, und falls sie es am nötigen Eifer fehlen lassen, sollte man ihnen die Konkurrenz auf den Hals schicken, der Telekom zuerst.
Genau das haben sie alle zusammen, der Staatskonzern und seine Konkurrenten, am wenigsten zu befürchten. Sie können ruhig abwarten und die schon verplanten Investitionsgelder zinsbringend, aber volkswirtschaftlich unproduktiv parken, bis auch die letzten Leninisten in Deutschland am Vermittlungsausschuß von Bundestag und Bundesrat gescheitert sind. Die Entscheidung für ein privat organisiertes, liberales Fernmeldewesen ist längst gefallen und in der EU nicht mehr revidierbar. Schon gar nicht mit kommunalen Sondergebühren und Planziffern für Telefonleitungen. Niklaus Hablützel
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen