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Aufnahme von FlüchtlingenDe Maizière will Kontingente

Der Bundesinnenminister freut sich über die wachsende Zustimmung für eine Kontingentlösung. Den Einsatz der Bundeswehr im Inneren lehnt er jedoch ab.

De Maizière reagierte mit seinen Äußerungen auch auf den CSU-Parteitag. Foto: dpa

Berlin dpa/afp | Im Streit zwischen CDU und CSU über die Flüchtlingspolitik hat Bundesinnenminister Thomas de Maizière hervorgehoben, dass die angestrebte Kontingentlösung auf die von den Christsozialen geforderte Begrenzung hinausläuft.

„Ein Kontingent bedeutet automatisch eine Begrenzung der Anzahl von Flüchtlingen“, sagte der Christdemokrat der Bild am Sonntag. Allein kann Deutschland diese Aufgabe aus seiner Sicht aber nicht lösen: „Wir arbeiten daran, die Zahl der Flüchtlinge insgesamt zu steuern, zu ordnen und zu reduzieren. Dabei liegt jetzt das Hauptaugenmerk auf den Verhandlungen zwischen der EU und der Türkei.“

Auf dem CSU-Parteitag war es am Freitag zum Eklat gekommen, weil Kanzlerin Angela Merkel (CDU) auf die Suche nach einer Kontingentlösung auf internationaler Ebene hingewiesen, eine nationale Obergrenze aber abgelehnt hatte. Die CSU verlangt für das kommende Jahr die zahlenmäßige Festlegung eines von Deutschland aufzunehmenden Flüchtlingskontingents, nennt selbst aber keine Zahl.

De Maizière bekräftigte, er habe schon im September „vorgeschlagen, dass Europa in Zukunft ein großzügiges Kontingent von Flüchtlingen aufnehmen sollte, die gemeinsam mit dem Flüchtlingswerk der Vereinten Nationen ausgewählt werden“. „Ich freue mich darüber, dass dieser Vorschlag zwischenzeitlich immer mehr Zustimmung findet.“ Gleichzeitig müssten die EU-Außengrenzen strikt geschützt werden. „Dann entfällt auch das Geschäft der Schleuser.“

CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer interpretierte de Maizières Äußerung als Reaktion auf den Parteitag: „Schon ein paar Stunden nach dem CSU-Parteitag geht die Diskussion über die Aufnahme-Obergrenze in die richtige Richtung. Gut so“, kommentierte er in München. „Der zuständige Bundesinnenminister wirbt für Flüchtlingskontingente und betont, das bedeutet automatisch eine Begrenzung der Anzahl von Flüchtlingen. Genau diese Obergrenze brauchen wir.“

Gegen Einsatz der Bundeswehr

Außerdem hat sich der Bundesinnenminister gegen einen Einsatz der Bundeswehr im Innern ausgesprochen. „Die Gewährleistung der inneren Sicherheit ist in Deutschland Aufgabe der Polizei, die hierzu auch gut aufgestellt ist“, sagte de Maizière der Bild am Sonntag. Er verwies darauf, dass die Bundeswehr auch heute schon unter bestimmten Voraussetzungen zur Unterstützung der Polizei tätig werden könne. Dies habe auch das Bundesverfassungsgericht klargemacht. Eine Änderung oder Verschärfung von Gesetzen lehnte er ebenfalls ab.

Auch der SPD-Fraktionsvorsitzende Thomas Oppermann wies Forderungen von Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) nach einem Einsatz der Bundeswehr zur Terrorabwehr zurück. „Das ist für die SPD indiskutabel“, sagte Oppermann dem Tagesspiegel am Sonntag. Die Trennung der Aufgaben von Polizei und Bundeswehr gelte in Deutschland aus guten Gründen: „Wir brauchen keine Militarisierung der inneren Sicherheit.“ Schäuble warf der SPD-Politiker vor, mit seiner Forderung nach einem Armeeeinsatz im Innern die Debatte unnötig aufzuheizen.

Die neuerliche Debatte über einen Einsatz der Bundeswehr im Innern war nach den islamistischen Anschlägen von Paris entflammt, bei denen am Freitagabend vergangener Woche der französischen Hauptstadt 130 Menschen getötet worden waren.

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7 Kommentare

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  • Nicht nur Thomas de Maizière will Kontingente. Merkel und Gabriel haben sich bereits dafür ausgesprochen. Und Seehofer wird auch glücklich sein, weil er auf diese Weise die Obergrenzen bekommt, die er sich immer gewünscht hat. Nur eine andere Bezeichnung haben sie dann....

  • Und wie wollen sie die Außengrenzen Europas dann genau sichern? Nato-Stacheldraht ins Mittelmeer? Auf Schlepperboote schießen? Oder an der deutschen Grenze zu Österreich auf Flüchtlingskinder schießen?

     

    Im Libanon, Nachbarstaat von Syrien, sind 20 oder 25% der derzeitigen Bevölkerung Flüchtlinge, die in den letzten vier Jahren angekommen sind. In Bezug auf die Bevölkerungszahl in Deutschland wären das 20 bis 25 Mio. Flüchtlinge.

     

    Deutschland ist aber ein viel reicheres Land als der Libanon, sodass unsere Belastungsgrenze eher höher liegen dürfte. Wenn also innerhalb von zwei Jahren mehr als 25 bis 30 Millionen ankommen, dann können wir vielleicht anfangen zu überlegen, ob zumindest zeitweilig eine Obergrenze erreicht ist. (Ich betone die Worte: überlegen - und zeitweilig.)

     

    Ansonsten lassen sich die Flüchtlingszahlen nur dann ernsthaft reduzieren, wenn wir unsere Waffenexporte in diktatorische Regimes stoppen und den Klimawandel ernsthaft bekämpfen. Denn das Entstehen von Klimaflüchtlingsströmen ist ebenfalls vorhersehbar.

     

    Bei der Klimakonferenz in Paris gibt es also eine hervorragende Gelegenheit dazu, künftige Flüchtlingskrisen gleich im Keim zu ersticken. (Mal sehen, was für eine Art von Terrorismus die Geistesverwandten Pegidas den Klimaflüchtlingen in 30 bis 50 Jahren dann anhängen werden.)

    • @Smaragd:

      "Im Libanon, Nachbarstaat von Syrien, sind 20 oder 25% der derzeitigen Bevölkerung Flüchtlinge, die in den letzten vier Jahren angekommen sind. In Bezug auf die Bevölkerungszahl in Deutschland wären das 20 bis 25 Mio. Flüchtlinge. "

      Im Libanon (und der Türkei) leben die Flüchtlinge in Zelten. Und diese Zelte stehen in einer Art KZ, das auch wie ein KZ verwaltet und betrieben wird (ohne Vernichtungseinrichtungen natürlich).

      Die Flüchtlinge haben keinen Kontakt zur einheimischen Bevölkerung.

       

      Wollen Sie wirklich diese Art und Weise auch hier einführen?

  • Politiker denken an die nächste Wahl - Staatsmenschen denken darüber hinaus.

     

    ...nämlich an die nächste Generation,

    ...die (erwart- und anderen zumutbaren?) Zustände am Ende von Kontingenten,

    ...am Ende von Grenzen

    ...am Ende von Menschlichkeit..

     

    An unmenschlichem Verhalten zugunsten von Ängsten und Egoismen in unserer Humanität zu scheitern hieße, an Kultur und Zivilisation zu scheitern und zu Scham und Unterlegenheit zurückzukehren, von denen die bedrückenden Jahre nach dem Ende der Nazihorden und des 2. Weltkrieges geprägt waren.

     

    Das dürfen wir nicht noch einmal zulassen, weder in der Flüchtlingsfrage noch in der Suche nach Antworten auf die Fragen eines gänzlich anderen Feldes, der Terrorproblematik. Jedes Feld für sich wirft völlig andere Fragen auf und erfordert gänzlich unterschiedliche Vorgehensweisen. Es wäre dumm und unsinnig zu glauben, man könnte "zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen".

  • "Die neuerliche Debatte über einen Einsatz der Bundeswehr im Innern war nach den islamistischen Anschlägen von Paris entflammt..." - allgemein bekannt, kann die Frage offenbar nicht oft genug wiederholt werden: Was haben die Terroristen als Mit-Hauptverursacher der Flüchtlingstragödie mit denen zu tun, die sie - mit - ins Unglück gestürzt haben?

     

    Genau vor denen und ihren Gesinnungs(-genossen/konkurrenten) sind die Flüchtlinge ja geflohen. Sollte diese Erkenntnis nicht mittlerweile auch bis zu unseren Ministerien durchgedrungen sein? Solche Diskussionen erleichtern die Arbeit von Terroristen, aber sie unterstützen auch die Hetze von Pegida und nach rechts schielenden Parteien.

     

    Ich bin überzeugt: Terroristen machen sich eher nicht die Mühe, mit Flüchtlingen mühsam über gefahrvolle Wasser-Wege, Grenzen und Entbehrungen Grenzen zu überwinden, die sie durch Anhänger aus den erwählten Ziel-Ländern ohne großes Aufsehen - wie mittlerweile wohlbekannt - völlig ohne Aufsehen direkt erledigen lassen können. Sie zeichnen perfide unsere Denkbahnen nach und können damit vorhersehbare Ängste - wohl mit großem Vergnügen - bis zur Panik hochschüren.

     

    Unsere Demokratie und Freiheit sind ein zu kostbares Gut, als dass wir sie hysterisch den geplanten Aktionen von Terroristen opfern, um sie ihnen ebenso bereitwillig wie panisch vor die Füße zu werfen.

     

    Zeitlich begrenzte Maßnahmen - ja -.

     

    Auch sinnvolle Ausweiskontrollen - ja -. Aber nicht gleich so gut wie unumkehrbare Gesetzesmaßnahmen, die um einer fragilen und dennoch unsicheren Sicherheit willen uns Freiheit und unsere demokratischen Rechte - und vor allem unsere Menschlichkeit - nehmen.

  • Was soll die Bundeswehr können, was die Polizei nicht schon kann?

    Wollen wir künftig Terroristen im Schland mit schwerer Artillerie jagen?